Investigativ

Prozessstart: Trump-Vertrauter Erik Prince in Österreich vor Gericht

Ließ der schillernde US-Unternehmer Prince in Wiener Neustadt Kleinflugzeuge für militärische Zwecke umbauen und ohne Genehmigung außer Landes bringen? Der Milliardär und Gründer einer früheren amerikanischen Söldnerfirma sagte am Donnerstag: „Nicht schuldig“.

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Es ist ein Gerichtsverfahren, das über Österreich hinaus für Aufsehen sorgt: Seit Jahren wurden wiederholt Pläne kolportiert, Erik Prince – Milliardär, Gründer der US-Söldnerfirma Blackwater und Vertrauter von Ex-US-Präsident Donald Trump – könnte mit dem Aufbau einer Art privaten Luftwaffe für den Einsatz in diversen Krisengebieten dieser Erde geliebäugelt haben. Am Donnerstag stand Prince nun in Niederösterreich vor Gericht. 

Wie berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt Anklage gegen Prince und vier Mitbeschuldigte erhoben. Laut Strafantrag sollen bei der Firma „Airborne Technologies“ in Wiener Neustadt zwei Kleinflugzeuge des Typs „Thrush“ so modifiziert worden sein, dass sie danach „Kriegsmaterial“ darstellten. In der Folge seien sie ohne entsprechende Genehmigung ins Ausland gebracht worden – eines in den Südsudan und somit in ein Krisengebiet, das andere nach Bulgarien. profil berichtete in den vergangenen Jahren wiederholt über die Causa.

Die Staatsanwaltschaft ortet ein Vergehen nach dem Kriegsmaterialgesetz. Strafrahmen im Falle einer Verurteilung: bis zu drei Jahre Haft. Alle Beschuldigten haben sämtliche Vorwürfe immer bestritten – und das blieb auch am ersten Verhandlungstag so.

„Nicht schuldig“, gab Prince, der einst über Zwischenfirmen an Airborne beteiligt gewesen war, auf Deutsch zu Protokoll. Er und zwei mitangeklagte Australier lauschten der Verhandlung per Simultandolmetsch. Viel gesprochen haben die Beschuldigten, zu denen auch zwei Geschäftsführer der Firma Airborne zählen, am Donnerstag nicht. Sie beriefen sich allesamt auf eine gemeinsam mit ihren Anwälten ausgearbeitete Gegenäußerung zum Strafantrag, die wenige Tage vor Prozessbeginn dem Gericht übermittelt worden war – profil berichtete.

„Besonderer Fall“

Deutlich ausführlicher am Wort waren hingegen der Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie Prince-Anwalt Norbert Wess. Einig waren sich die beiden freilich nur insoweit, als sie die Causa als „besonderen Fall“ dargestellt haben, der nicht häufig vorkomme.

Während der Staatsanwalt darlegte, die beiden „Thrush“-Agrarflugzeuge seien modifiziert und für den Kampfeinsatz ausgerüstet worden, verwies Wess darauf, dass die Panzerung der Flugzeug Sachverständigen zufolge weniger widerstandsfähig gewesen sei als jene mancher Autos. Dem Anklagevertreter zufolge seien die Modifikationen so ausgefallen, dass nicht mehr von einem zivilen Luftfahrzeug gesprochen werden könne – und zwar sowohl insgesamt als auch jede der Umbauten für sich genommen: „Ein ziviles Flugzeug ist zu einem militärischen Flugzeug geworden, für das es keine Bewilligung gab und auch keine zu erlangen gewesen wäre“, so die Zusammenfassung. Anwalt Wess wiederum dröselte in seinem Eröffnungsplädoyer jede einzelne technische Modifikation auf und erläuterte, warum diese – aus Sicht der Angeklagten – unproblematisch gewesen seien.

Einerseits geht es im Verfahren um technische Details wie die Frage, ob das eingebaute Kamerasystem zur Zielerfassung geeignet wäre oder ob an Zusatz-Aufhängungen an den Tragflächen Waffen angebracht werden sollten. Andererseits geht es um die rechtliche Einordnung: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass auch bereits allfällige Aufklärungsflüge als Kampfeinsätze anzusehen seien. Die Verteidigung argumentiert hingegen, die Flugzeuge hätten für einen unmittelbaren sofortigen Kampfeinsatz gerüstet gewesen sein müssen, um unter das Kriegsmaterialgesetz zu fallen.

Zeugen befragt

Unstrittig scheint bisher, dass die beiden umgebauten „Thrushs“ keine Bewaffnung trugen, als sie 2014 beziehungsweise 2015 Österreich verließen. Am Donnerstag wurden zahlreiche ehemalige und aktive Mitarbeiter von Airborne als Zeugen befragt. Kein einziger gab an, bei Airborne jemals Waffen gesehen zu haben. Einzelne Zeugen sagten jedoch, dass es Pläne gegeben habe die Flugzeuge zu einem späteren Zeitpunkt außerhalb von Österreich zu bewaffnen. Ein ehemaliger Mitarbeiter sagte aus, dass das unten am Flugzeug angebrachte Kamerasystem im Flug absenkbar gewesen sei, „damit die Zielerfassung unter dem Propeller durchgeht“. 

Von der Verteidigung wurde dargelegt, Airborne habe unabhängig vom „Thrush“-Projekt über mehrere Jahre Überlegungen angestellt, Lauftfahrzeuge auch im militärischen Bereich umzurüsten (das Unternehmen macht das im zivilen Sektor und für Behörden), dieses Geschäftsfeld dann aber wieder ad acta gelegt. 

Ob die spezielle Kamera im vorliegenden Fall überhaupt geeignet gewesen wäre, als Zielsystem zu fungieren, ist eine der Fragen, mit denen sich das Gericht auseinandersetzen muss. Die Sachverständigen, die am Donnerstag ebenfalls zu Wort kamen, verwiesen darauf, dass eine echte „Markierung“ von Zielen mit dem verwendeten System nicht möglich gewesen sei. Die verwendete Lasertechnik lasse nicht darauf schließen, dass diese rein zu militärischen Zwecken eingebaut worden sei. Es handle sich um sogenannte Dual-Use-Technik.

Neben der technischen Thematik stellt sich auch die Frage, ob Airborne für eine der „Thrushs“ im Fall des Falles eine Ausfuhrgenehmigung in den Südsudan – ein bekanntes Krisengebiet – erhalten hätte. Die Verteidigung argumentiert, das Flugzeug hätte gar nicht im Südsudan landen, sondern nach Kenia fliegen sollen. Wegen eines technischen Gebrechens bei der Überstellung sei jedoch die Landung im Südsudan notwendig geworden. Mehrere Zeugen sagten am Donnerstag jedoch, es sei schon zuvor zu hören gewesen, dass das Flugzeug für den Südsudan bestimmt gewesen wäre.

Was macht nun ein US-Milliardär wie Erik Prince, wenn er im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Wiener Neustadt auf der Anklagebank sitzt? Mal hielt er sich aufrecht, das linke Bein über das rechte geschlagen. Dann nach vorne gebeugt, die Ellbögen auf die Knie gestützt. Kurz blätterte er einmal in einem kleinen Büchlein, das er jedoch gleich wieder in der Innentasche seines Sakkos verschwinden ließ. Neben Prince, der einst Mitglied der US-Elitetruppe „Navy Seals“ war, sitzt ein frühere australischer Kampfpilot auf der Anklagebank. Von Nervosität ist bei beiden nichts zu spüren.

Der nächste Prozesstermin ist für den 14. Dezember angesetzt. Da sollen weitere Zeugen gehört werden. Möglicherweise gibt es dann auch schon ein Urteil.

Prince selbst wollte zu alldem selbst nichts sagen. profil fragte ihn nach der Verhandlung, ob er ein Statement abgeben möchte. Es folgte ein kurzer Moment der Stille, dann ein klares: „No“.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).