Rechtsextremismus

Razzia bei deutschen Neonazis - Enkel von FPÖ-Politiker verhaftet, Hausdurchsuchungen auch in Österreich

Acht mutmaßliche Neonazis wurden in Deutschland festgenommen. Darunter zwei Enkel eines FPÖ-Politikers und Söhne eines verurteilten Neonazis. Sie sollen Teil der rechtsextremen "Sächsischen Separatisten" sein.

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Acht mutmaßliche Neonazis wurden in den frühen Morgenstunden in Deutschland festgenommen. Darunter auch die zwei Enkel des ehemaligen FPÖ-Politikers Hans Jörg Schimanek senior und Söhne des gleichnamigen Neonazis und Weggefährten des mehrfach verurteilten Rechtsextremen Gottfried Küssel, Hans Jörg Schimanek junior. Die Razzien und Hausdurchsuchungen erfolgten auf Anordnung der deutschen Bundesanwaltschaft in Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden und waren am Nachmittag noch in vollem Gange, wie profil aus Ermittlerkreisen erfahren hat. Gefunden wurden etwa Tarnanzüge und Gegenstände, die zu Wehrsportübungen dienen.

Die Beschuldigten werden verdächtigt, Teil der „Sächsischen Separatisten“ zu sein, einer rechtsextremen Terrorgruppe, die sich selbst „SS“ nennt und seit November 2020 aktiv sein soll. Die Festnahmen fanden in und um Leipzig, in Dresden, im Landkreis Meißen und im polnischen Zgorzelec statt, wo der Anführer der Gruppe Jörg Schimanek gefasst wurde. Er soll in Polen eine Wohnung besitzen. Insgesamt sollen der Gruppierung rund 15 bis 20 Personen angehören.

FPÖ-Politikerfamilie im Visier der Ermittler

Der 24-Jährige und sein jüngerer Bruder Jörn Schimanek (20) sind die Enkel des FPÖ-Politikers Hans Jörg Schimanek senior und Söhne des gleichnamigen Neonazis Hans Jörg Schimanek junior. Die beiden Brüder gehören neben zwei weiteren Männern zu den Ursprungsmitgliedern der rechtsextremen Gruppe. Der 20-jährige Jörn Schimanek hat im Februar am faschistischen Gedenkmarsch zum "Tag der Ehre" in Budapest teilgenommen, wie die Plattform "Stoppt die Rechten" schreibt. Später schlossen sich noch weitere Mitglieder der Gruppe an. Bei den Festgenommenen handelt es sich ausschließlich um Männer im Alter zwischen 21 und 25 Jahren, darunter auch der AfD-Kommunalpolitiker Kurt Hättasch, der bei der Festnahme mit einer Langwaffe auf die Polizeibeamten geschossen haben soll. Ein Polizist habe daraufhin zwei Warnschüsse abgegeben, heißt es laut Ermittlern. Hättasch soll sich den Kiefer gebrochen haben und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Details, wie es zu seiner Verletzung gekommen ist, liegen nicht vor.

Die Terrorgruppe „Sächsische Separatisten“ soll sich nach Angaben des Generalbundesanwalts intensiv auf einen ihrer Ansicht nach unvermeidlichen „Sturz des Systems“ vorbereitet haben. Dafür hätten die Mitglieder wiederholt paramilitärische Trainings durchgeführt, um den Häuserkampf, den Umgang mit Schusswaffen sowie Märsche bei Nacht und unter Belastung zu üben. Außerdem hätten die Aktivisten militärische Ausrüstung wie Tarnanzüge, Helme, Gasmasken und Schutzwesten beschafft.

Hausdurchsuchungen in Wien und Langenlois

Wie profil aus Ermittlerkreisen erfahren hat, sollen Hausdurchsuchungen in Deutschland aber auch in Langenlois und Wien bei der Familie Schimanek stattgefunden haben. Es sollen unter anderem Waffen und NS-Devotionalien gefunden worden sein.

Hans Jörg Schimanek junior ist zur Zeit der Wende nach Deutschland ausgewandert. Dort kamen auch seine Söhne Jörg und Jörn zur Welt. Schimanek jun. organisierte bis 1991 gemeinsam mit dem mehrfach verurteilten Rechtsextremisten Gottfried Küssel paramilitärische Übungen. Küssel wurde im April 2011 wegen Verhetzung verhaftet und im Jänner 2019 nach Verbüßung seiner Gefängnisstrafe entlassen.

Ein Teil der Familie Schimanek lebt nach wie vor in Österreich. Die Hausdurchsuchungen sollen auf ihrem Anwesen in Langenlois, im Bezirk Krems-Land in Niederösterreich und in einer Wohnung in Wien stattgefunden haben. Der 84-jährige Hans Jörg Schimanek senior, ehemaliger FPÖ-Landesparteiobmann in Niederösterreich, hatte vor, mit dem Einzug ins Parlament sein politisches Comeback zu feiern. Schimanek sen. stand auf Listenplatz 70 der Bundesliste der Freiheitlichen, wurde von der FPÖ aber nicht nominiert.

Sein zweiter Sohn, René Schimanek, ist FPÖ-Stadtrat in Langenlois und war von 2017 bis 2019 Kabinettschef von Norbert Hofer, der zu dieser Zeit Verkehrsminister war. Auch René Schimanek soll 1987 bei einem Wiener-Neonazi-Treffen mit Gottfried Küssel gewesen sein. Die Familie wollte auf profil-Nachfrage keine Stellungnahme zu den Ermittlungen abgeben.

Daniela Breščaković

Daniela Breščaković

ist seit April 2024 Redakteurin im Österreich-Ressort bei profil. War davor bei der "Kleinen Zeitung".

Anna  Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.