INVESTIGATIV

Russland-Sanktionen: Linzer Stahlhändler wird kreativ

Vor wenigen Wochen setzten die USA die russische Muttergesellschaft der Firma Mechel aus Oberösterreich auf die Sanktionsliste. Der Lösungsversuch? Der 180-Mitarbeiter-Betrieb lagerte betroffene Geschäfte einfach aus.

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Es war der zweite Jahrestag des russischen Großangriffs auf die Ukraine – und nur eine Woche nach dem Tod des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny in einer Strafkolonie in Sibirien. Gründe genug für US-Präsident Joe Biden, die Sanktionsliste gegen das Putin-Regime und seine wirtschaftliche Basis noch einmal ordentlich auszudehnen. Ende Februar 2024 verkündeten die USA mehr als 500 neue Strafmaßnahmen gegen Personen und Unternehmen. Wie profil-Recherchen zeigen, sollte das auch in Österreich zu ungeahnter Betriebsamkeit führen.

Ein Neuzugang auf der US-Liste war nämlich der russische Stahlhersteller Mechel: Eine Tochterfirma des Konzerns habe Stahl bereitgestellt, der im russischen A-52-Kampfhubschrauber zum Einsatz komme, heißt es in einer Mitteilung des Finanzministeriums in Washington. Der Stahlhersteller werde sanktioniert, weil er in einem Bereich tätig oder tätig gewesen sei, der die militärisch-industrielle Basis Russlands unterstütze.

Mechel ist allerdings nicht nur in Russland aktiv, sondern seit vielen Jahren auch in Österreich. Von 2007 bis 2009 verkaufte die voestalpine ihre Stahlhandelstochter („voestalpine Stahlhandel GmbH“) sukzessive an eine polnische Unternehmensgruppe. 2011 reichten die Polen das Unternehmen an den russischen Stahlkonzern Mechel weiter. Dieser benannte die Firma mit Hauptsitz in Linz in Mechel Service Stahlhandel Austria GmbH (MSSA) um. Die MSSA beschäftigte zuletzt rund 180 Mitarbeiter. Laut jüngstem im Firmenbuch verfügbaren Jahresabschluss belief sich der Umsatz im Jahr 2022 auf rund 250 Millionen Euro. Damit zählt das Unternehmen zu den wesentlichen Vertretern der heimischen Stahlhandelsbranche.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).