Rund um die Signa-Pleite wittern nun einige Anleger die große Rendite.
René Benko

Signa-Immobilien: Wie der Staat doch noch zu Geld kommen könnte

Weil die werthaltigsten Signa-Gesellschaften nun als Konkursfälle abgewickelt werden, winken den Steuerzahlern im Rahmen der Verwertung unverhoffte Gewinne. profil-Informationen zufolge soll es um einen dreistelligen Millionenbetrag gehen.

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Das Glück kommt oft unverhofft. Und für die österreichischen Steuerzahler und  Steuerzahlerinnen könnte dieses unverhoffte Glück die Form eines dreistelligen Millionenbetrags annehmen. Geld, das ausgerechnet aus der schwierigen Verwertung der Signa-Immobilien stammen würde. 

Weil die beiden werthaltigsten Signa-Gesellschaften – Signa Prime und Signa Development – nach einem längeren rechtlichen Tauziehen jetzt als Konkursfälle abgewickelt werden, wurden die steuerlichen Gruppen aufgelöst. Das bedeutet, dass Gewinne und Verluste der einzelnen Töchter und darunterliegenden Projektgesellschaften nicht mehr steuermindern aufgerechnet werden können. Und das wiederum könnte dem österreichischen und dem deutschen Fiskus – viele Signa-Liegenschaften sind in Deutschland – ein unverhofften Geldsegen bescheren. Sobald eine Signa-Liegenschaft verkauft wird, erwachsen Steuerforderungen. Wie profil aus Insider-Kreisen erfuhr, könnten so bei der Abwicklung der Signa Prime und Signa Development insgesamt mehr als 250 Millionen Euro für die Steuerzahler zusammenkommen. 

Was den Fiskus freut, sogt unter den Gläubigern für Unmut. Denn die Steuerschulden, wenn sie denn anfallen, sind sogenannte Masseforderungen und werden, ebenso wie hypothekarisch besicherte Bankenkredite, vorrangig bedient. Also noch vor den Forderungen der Insolvenzgläubiger – und das schmälert naturgemäß die Masse. 

Die einzelnen Liegenschaften der Signa sind in sogenannten Projektgesellschaften (PropCos) gebündelt, die den größeren Signa-Gesellschaften unterstellt waren und als deren Töchter fungierten. Wenn die Projektgesellschaften Verluste schrieben, weil zum Beispiel ein Immobilienprojekt noch im Bau war und naturgemäß Kosten verursachte, wurden diese Verluste im Rahmen der gesetzlichen Gruppenbesteuerung nach oben geltend gelten gemacht. Das schmälerte die Gewinne und damit die Steuerschulden bei den übergeordneten Gesellschaften. 

Millionen gespart

Ein Beispiel: Im Dezember 2023 verkaufte Signa Prime noch kurz vor der Pleite das sogenannte „Meinl-Haus“ am Graben an die Wiener Ärztekammer – um 80 Millionen Euro. Die Einnahmen wanderten innerhalb der Steuergruppe nach oben und wurden mit anderen Einnahmen und Ausgaben gegengerechnet – steuerschonend. Wie profil von Insidern erfuhr, sollen allein bei diesem Deal fast 14 Millionen Euro an Abgaben gespart worden haben. 

Im Konkursfall werden alle diese Steuergruppen aber aufgelöst. Wenn nun eine Liegenschaft verkauft wird und die (noch nicht) insolvente Projektgesellschaft damit einen Gewinn erwirtschaftet, fallen sofort Gewinnsteuern an. Jetzt könnten dem Vernehmen nach allein bei Signa Prime 200 bis 250 Millionen Euro an neuen Steuerforderungen hinzukommen. Dort waren die werthaltigsten und schönsten Immobilien der Signa gebündelt, wie etwa das Nobelhotel Park Hyatt oder das Goldene Quartier in Wien. Bei der Entwicklungssparte Signa Development könnten durch die Überführung in ein Konkursverfahren so weitere 20 bis 30 Millionen hinzukommen. Die Summen stehen freilich noch unter Vorbehalt und basieren auf Schätzungen, die im Zuge der komplexen Verwertungsmaßnahmen mit zahlreichen Unbekannten versehen sind.

„Die Körperschaftssteuergruppe der SPS und deren Tochterunternehmen hat wesentliche Auswirkungen auf die Befriedigungsaussichten der Gläubiger der SPS und deren Tochterunternehmen“, steht dazu im letzten Bericht des Insolvenzverwalters der Signa Prime. Und weiter: „Sollte eine Verlustverrechnung aus der Steuergruppe nicht möglich sein, so beträgt der steuerliche Mehraufwand allein innerhalb der SIGNA Prime Assets über 100 Millionen Euro.“ Die Signa Prime Assets ist eine hundertprozentige Tochter der Signa Prime Selection, die ja jetzt in Konkurs ist. 

Die Auflösung der Steuergruppen ist jedenfalls auch in der Finanzprokuratur Thema. Deren Chef Wolfgang Peschorn hatte vergangenes Jahr Beschwerde gegen die Treuhand-Sanierungspläne der Signa Prime und Signa Development eingelegt und bekam zuerst vom Oberlandesgericht und letztinstanzlich vom Obersten Gerichtshof recht. Die Unternehmen wurden aufgelöst und das Vermögen, vor allem die Immobilien, werden jetzt schnell zu Geld gemacht. Und genau dadurch fällt auch die Grundlage für eine bestimmte Form der von Signa praktizierten – legalen – Steuerminimierung weg. Unangenehm für die Investoren und Gläubiger, aber gut für den Staat.

War das von Anfang an geplant? ,,Das ist die Konsequenz des Zusammenbruchs eines Konstrukts. Vielleicht sollte man die Frage aber anders stellen: War Signa von Anfang an ein Konstrukt, zu dessen Überleben auch diese Steueroptimierung beitragen sollte?", sagt Peschorn dazu auf Nachfrage. Er verweist auf die Dividenden, die jahrelang an die Aktionäre flossen, obwohl man Verluste innerhalb der Gruppe immer wieder steuerschonend gegengerechnet hat.

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".

Stefan Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Anna Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.