Interview

Signas Finanzchef Pirolt: „Benko und ich waren keine Freunde“

Manuel Pirolt war bei Signa die Nummer zwei hinter René Benko und dessen wichtigster Mann: Er war für die Finanzen zuständig. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn. Jetzt bricht er erstmals sein Schweigen und spricht mit profil über die letzten Monate bei Signa, strategische Fehler und den gescheiterten Kampf um Milliarden. Zu Benko geht er auf Distanz.

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Dreizehn Jahre lang hat Manuel Pirolt die Öffentlichkeit gescheut. Er war als Finanzvorstand die Nummer zwei hinter René Benko und gilt als maßgeblicher Architekt der Signa, die nun eine der größten Pleiten der vergangenen Jahrzehnte hingelegt hat. Pirolt hat Signas Aufstieg mitermöglicht – und trägt einen Teil der Verantwortung für den tiefen Fall des Unternehmens.

In der Interviewsituation zeigt sich: Manuel Pirolt ist kein Alpha. Die Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwird, ist ihm sichtlich unangenehm. Er setzt sich nicht automatisch ans Tischende, wo alle Blicke auf ihn gerichtet sind. Man muss ihn erst darum bitten. Er spricht klar und deutlich, man merkt, dass er sein Leben lang viel erklären musste: Banken, Investoren, dem Aufsichtsrat, Wirtschafts- und Steuerprüfern – und bald der Staatsanwaltschaft. Er wird dort in fünf Fällen als Beschuldigter geführt. Pirolt ist der Erste aus der obersten Signa-Führungsriege, der nun erstmals in der Öffentlichkeit Rede und Antwort steht. Er nimmt sich für die Beantwortung jeder Frage Zeit – und profil hat viele.

Sie sind der Erste aus der engsten Signa-Führungsriege, der sich einem Interview stellt. Uns freut das – aber warum jetzt?
Pirolt
Ich habe gegenüber Insolvenzverwaltern und dem Aufsichtsrat ein Commitment abgegeben, die Treuhandsanierung mit meinem Wissen zu begleiten, um den eingetretenen Schaden nicht zu vergrößern. Wir versuchen mit den sehr engagierten verbliebenen rund 50 langdienenden Mitarbeitern, das noch bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Es war immer klar, dass mein Engagement ein Ablaufdatum hatte. Uns ist durch Massekredite und Sanierungspläne eine Stabilisierung gelungen. Für mich ist damit der Zeitpunkt gekommen, den Vorstand der großen Immobiliengesellschaften Signa Prime und Signa Development Selection zu verlassen. Ich bin seit 2011 im Unternehmen, wurde öffentlich – auch beabsichtigt – kaum wahrgenommen. Bevor ich gehe, möchte ich aber noch einiges aus meiner Sicht kommentieren. Ich hoffe, das hilft, die Stabilisierung weiter zu gewährleisten.
Bleiben Sie für Signa beratend tätig?
Pirolt
Ja. Ich stehe weiter zur Verfügung.
War René Benko eigentlich Ihr Chef?
Pirolt
Nein, als Vorstand einer Aktiengesellschaft bin ich weisungsfrei – aber natürlich unter der Kontrolle des Aufsichtsrates – tätig.

Zur Person

Manuel Pirolt (40) kam 2011 als Controller – also als Hüter der Finanzen – zu Signa.  Er machte rasch Karriere und zog in den Vorstand der zentralen Immobilien-Holdings  der Gruppe ein: Signa Prime Selection AG und  Signa Development Selection AG. Doch nicht  nur das: Laut Firmenbuch (Wirtschaftscompass) hatte er zuletzt allein in Österreich mehr als 260 aktive Funktionen inne. Der größte Teil davon  entfällt augenscheinlich auf Signa-Gesellschaften und sonstige Firmen aus dem Benko-Umfeld. Pirolt wurde nämlich  2015 auch  Vorstand von René Benkos Laura Privatstiftung. Ein Zeichen für echtes Vertrauen: Zwar zählt Benko selbst nicht zu den Begünstigten der Stiftung, sondern nahe Verwandte.  Es  dürfte aber ein beträchtlicher Teil des Familienvermögens dort geparkt sein. Pirolt steigt nun auch bei der Stiftung aus.  

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Anna  Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.