Finanzcausa FPÖ Steiermark

Anzeige: Steirischer Landeshauptmann Kunasek vermutet, dass ÖVP für Würstelstand-Tonband zahlte

Der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) vermutet, dass die ÖVP für eine geheime Aufnahme an einem Würstelstand Geld bezahlt hat – nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

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Wohl noch nie hatte ein Würstelstand derart viel politische Sprengkraft wie jener, der direkt vor dem Grazer Rathaus steht: In der Nacht vom 15. April 2024 nimmt Matthias Eder hier, nach eigenen Angaben schwer alkoholisiert, sein Geständnis für kurze Zeit zurück. Eder war zwischen 2014 und 2021 Finanzreferent der FPÖ-Graz und behauptet, in dieser Zeit rund 710.000 Euro an Parteigeldern veruntreut zu haben – im Alleingang. Er zahlte das Geld zurück und hofft, damit tätige Reue gezeigt zu haben.

Doch am 15. April trifft er am Würstelstand auf eine Gruppe von Leuten, die ihm diese Geschichte nicht glauben: Alexis Pascuttini und drei seiner Mitstreiter vom „Korruptionsfreien Gemeinderatsklub“ haben sich im Zuge des Finanzskandals von der FPÖ losgelöst. Sie glauben, dass Eder nicht allein gehandelt hat, sondern sich große Teile der einstigen Grazer FPÖ-Spitze an den Steuergeldern der Partei bereichert haben. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt in der Causa seit mehr als drei Jahren. Insgesamt geht es mittlerweile um fast zwei Millionen Euro an Steuergeld, das in der Partei verschwunden ist. 

Unter den Beschuldigten findet sich auch der blaue Landeshauptmann Mario Kunasek. Er soll Parteigelder für den Bau seines Privathauses missbraucht und von der Untreue in der Stadtpartei gewusst haben. Er bestreitet die Vorwürfe vehement. Dennoch droht die Causa nun das Koalitionsklima in Graz zu belasten. Denn Kunasek und Landesrat Stefan Hermann behaupten in einer Anzeige, dass die ÖVP für belastende Tonbänder Geld gezahlt hätte.

Konkret geht es einmal mehr um den Abend des 15. April 2024: Als Pascuttinis Gruppe auf Eder trifft, drücken zwei von ihnen rasch auf den Aufnahmeknopf ihrer Mobiltelefone. So zeichnen sie unter anderem auf, dass Eder an seinem eigenen Geständnis rüttelt: „Natürlich war I’s net allan. Wie soll I’s allan gwesen sein? Wie soll I allan 700.000 Euro gfladat haben? Wer glaubt des?“, fragt Eder. Später übergibt Pascuttini die Tonbänder an die Staatsanwaltschaft, deren Protokolle wandern in den Ermittlungsakt. Gegenüber den Ermittlerinnen und Ermittlern sowie Medien wie profil gibt Eder später an, in betrunkenem Zustand „alles mögliche“ gesagt zu haben. Wahr sei jedenfalls seine Darstellung aus der Selbstanzeige, dass er allein gehandelt habe.

Geld statt Datenschutz

Kunasek und die Staatsanwaltschaft Klagenfurt vermuten, dass Pascuttini noch andere Motive als die Wahrheitsfindung gehabt haben könnte: Der Grazer Gemeinderatsabgeordnete soll die geheimen Tonaufnahmen vom Würstelstand „zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach dem 15. April 2024, gegen ein Entgelt in unbekannter Höhe an nicht näher bekannte Verantwortliche der österreichischen Volkspartei“ veräußert haben. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt führt Pascuttini nun daher als Beschuldigten nach § 63 des Datenschutzgesetzes. Ihm droht eine hohe Geldstrafe oder ein Jahr Haft.

Angezeigt hatten dies FPÖ-Landeshauptmann Mario Kunasek und der blaue Bildungslandesrat Stefan Hermann. Die Spitze der steirischen Blauen wirft ihrem schwarzen Koalitionspartner also vor, Geld für geheim aufgenommenes, belastendes Material zu bezahlen.

Ein Verkauf des Tonbands an die ÖVP hat selbstredend nicht stattgefunden“, betont Pascuttini auf profil-Anfrage: Ein Verkauf sei auch aus zeitlichen Gründen gar nicht möglich gewesen, weil er die Beamten des Landeskriminalamts Kärnten bereits am Vormittag des 16. April 2024 über das Tonband informiert habe. Der von Kunasek angezeigte Verdacht sei „schlichtweg frei erfunden“, er würde nun rechtliche Schritte durch gegen den Landeshauptmann prüfen, so Pascuttini.

Die Bundes-FPÖ hatte Pascuttini schon länger unterstellt, mit der Volkspartei finanziell verbunden zu sein, was dieser stets bestritten hatte. Dass die steirischen Blauen nun sogar eine Anzeige einbringen, die zu Ermittlungen gegen ihren Koalitionspartner führen könnte, ist aber eine neue Stufe der Eskalation.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.