Investigativ

Causa Tojner: Der Milliardär und das Amtsgeheimnis

Warum Investor Michael Tojner mit einer Klage gegen das Land Burgenland – unbeabsichtigter Weise – Österreich zu mehr Transparenz verhelfen könnte.

Drucken

Schriftgröße

„Lieber Christian!“ So beginnt eine WhatsApp-Nachricht, die Wolfgang Brandstetter – damals bereits Ex-Justizminister – am 11. Februar 2019 dem mächtigen, mittlerweile verstorbenen Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek übermittelte. Brandstetter war damals Berater des Milliardärs Michael Tojner, der kurz zuvor vom Land Burgenland bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angezeigt worden war. Hintergrund: Komplexe Vorgänge rund um gemeinnützige Wohnbauträger, die – so der Vorwurf – dazu geführt haben sollen, dass das Land um zig Millionen Euro umgefallen ist. Die WKStA ermittelt bis heute wegen Betrugsverdachts, Tojner hat Fehlverhalten immer bestritten.

Im Februar 2019 waren die Vorwürfe noch taufrisch. Und Brandstetter deponierte eine für seinen Auftraggeber günstige Einschätzung auf inoffiziellem Weg weit oben in der Weisungskette. Er schrieb Pilnacek, dass die Anzeige „höchst fragwürdig“ sei (siehe profil-Interview mit dem Ex-Justizminister). Und er legte noch ein Schäuferl nach: Mit der Anzeige „so in die Medien zu gehen, macht schadenersatzpflichtig, und der Schaden ist enorm und wird wohl eingeklagt werden“.

Weitreichendes Urteil

Getippt, getan: Im Juli 2020 brachte Tojner am Landesgericht Eisenstadt eine Schadenersatzklage über zunächst rund 320.000 Euro gegen das Land Burgenland ein, die letztlich auf 103.000 Euro reduziert wurde: Kosten für Gutachter und Berater, die entstanden seien, weil – sinngemäß – das Land bereits vor Anzeigeerstattung breitflächige mediale Berichterstattung initiiert habe und die Anzeige an Medienvertreter verteilt worden sei. Organe des Landes hätten rechtswidrig die Amtsverschwiegenheit verletzt, so der Vorwurf, den das Land immer bestritten hat.

In erster Instanz war der Investor teilweise siegreich, wobei ihm allerdings nur rund 15.600 Euro zugesprochen wurden. Damit wollte sich das Land aber grundsätzlich nicht abfinden und zog vors Oberlandesgericht (OLG) Wien. Mit Erfolg: Im April 2024 wies das OLG die Tojner-Klage in zweiter Instanz ab. Nun liegt profil das 33-seitige OLG-Urteil im Detail vor. Und dieses könnte weitreichende Folgen haben.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).