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War Marsalek schon als Wirecard-Manager ein Agentenführer?

In London wird einem russischen Spionagering der Prozess gemacht, den Marsalek aus Russland dirigiert haben soll. Aber auch Jahre zuvor floss Wirecard-Geld an den Chef der Bande.

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Wirecard war eines der erfolgreichsten und wichtigsten Unternehmen Deutschlands, bis im Sommer 2020 die Bombe platzte: Es geht um einen mutmaßlichen Milliardenbetrug. Anleger haben viel Geld verloren, das Unternehmen selbst aber unter Umständen auch noch Wertvolleres: Wirecard saß auf Millionen sensibler Zahlungsdaten von Regierungsbehörden, von Geheimdiensten, die via Wirecard Informanten bezahlt haben. Von riesigen Unternehmen – und Privatpersonen. Wer diese Daten richtig zu interpretieren vermag, kann gut gehütete Geheimnisse enttarnen und somit massiven Schaden anrichten.

Einer, der das könnte, ist Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek. Er ist seit seiner Flucht im Sommer 2020 in Moskau und hat sich dort offensichtlich in die Dienste des russischen Präsidenten Wladimir Putin gestellt. Möglicherweise war das jedoch auch schon früher der Fall. Ermittlungserkenntnisse zeigen, dass Marsalek wohl schon während seiner Zeit als Wirecard-Manager dienliche Informationen an den Kreml geliefert hat. Seine Rolle könnte aber noch größer gewesen sein. Daten, die profil und der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) vorliegen, legen den schwerwiegenden Verdacht nahe: Marsalek könnte nicht nur selbst Agent gewesen sein, sondern bereits damals einen Spionagering geleitet haben. Wie es aussieht, sogar mit Wirecard-Geld.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Anna  Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.