Wiener Immobiliengruppe CPI in Turbulenzen: Anlegern droht Totalverlust

Nach dem Ableben des Gründers Ernst Kreihsler traten Unstimmigkeiten auf. Die Gruppe hat über Anleihen, Genussscheine und Beteiligungen Millionen bei Investoren eingesammelt.

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Nein, das verheißt wenig Gutes: "WICHTIGE INFORMATION", schreibt die Wiener Immobiliengruppe CPI in roten Lettern auf ihrer Website www.cpi.co.at und weiter: "Derzeit werden strafrechtlich relevante Tatsachen geprüft. Es besteht für Anleger das Risiko eines kompletten Ausfalls der Anleihen … Derzeit wird an einer Neustrukturierung des Unternehmens gearbeitet und wir sind mit Hochdruck darum bemüht, uns einen Überblick über die Gesamtsituation innerhalb der CPI Gruppe zu verschaffen. Wir ersuchen Sie um Verständnis, dass die Bearbeitung Ihrer Anliegen im Augenblick etwas zögerlich vonstatten geht." 

Auf dem Wiener Immobilienmarkt baut sich ein Problem auf: Die auf die Sanierung, den Ankauf und die Verwertung von klassischen Zinshäusern spezialisierte CPI Immobilien-Gruppe ist allem Anschein nach in Turbulenzen, Gläubiger und Anleger haben Millionen kreditiert und investiert. 

In den Büchern der weitverzweigten Unternehmensgruppe soll es Unstimmigkeiten geben, seit wenigen Tagen agiert ein Not-Geschäftsführer. Am 31. Mai dieses Jahres wandte er sich in einem profil vorliegenden Schreiben an CPI-Geschäftspartner, in welchem er von Auffälligkeiten berichtet: Es fehle an dringend benötigter Liquidität, womöglich seien Vermögenspositionen nicht werthaltig, dazu werde der Verdacht geprüft, dass Firmengelder "nicht widmungsgemäß" verwendet worden seien. 

Aufgetreten sind die Unregelmäßigkeiten unmittelbar nach dem Ableben des Unternehmensgründers Ernst Kreihsler. Der Immobilienkaufmann Kreihsler – er hatte die CPI-Gruppe gemeinsam mit Partnern in den vergangenen zwei Jahrzehnten aufgebaut und bis zuletzt kontrolliert – war am 5. April dieses Jahres im Alter von 62 Jahren verstorben. Woraufhin der auf Immobilien spezialisierte Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Patrick Volkert vom Handelsgericht Wien als Not-Geschäftsführer der CPI Immobilien GmbH eingesetzt wurde (nicht zu verwechseln mit dem Kernaktionär der Immofinanz-Gruppe, der tschechischen CPI Property Group). 

Die CPI-Gruppe besteht aus Dutzenden "Projektgesellschaften", die sich um ein halbes Dutzend "Konzerngesellschaften" gruppieren, unter welchen die Wiener CPI Immobilien GmbH als eine Art Zentralgestirn dient. 

Kreihslers Gruppe hatte in den vergangenen Jahren Millionen Euro bei privaten Investorinnen und Investoren eingesammelt, um damit das Zinshaus-Geschäft zu entwickeln. Die Kapitalgeber kamen auf unterschiedlichen Wegen zusammen: Teils zeichneten sie Anleihen, teils Genussscheine, teils erwarben sie direkte Beteiligungen an den einzelnen Projektgesellschaften. "Die Muttergesellschaft CPI Immobilien GmbH hat einige Anleihen begeben, deren Zinstermine bereits verstrichen sind. Weiters sind Anleihenrückkäufe fällig“, heißt es im Schreiben des Not-Geschäftsführers vom 31. Mai. 

Um welche Summen es da geht, lässt sich vorerst nicht mit Gewissheit sagen. Das öffentlich zugängliche Datenmaterial ist dürr und obendrein nicht auf dem allerletzten Stand. Auf der Website der CPI findet sich ein Geschäftsbericht zum Wirtschaftsjahr 2020, der auch eine Art Konzern-Jahresabschluss beinhaltet. Soweit erkennbar, ist dieser allerdings nicht von einem Wirtschaftsprüfer testiert worden. Laut diesem Geschäftsbericht führte die CPI-Gruppe Ende 2020 auf der Passivseite ein Genussrechtskapital von 15,69 Millionen Euro, daneben bestanden Anleiheverbindlichkeiten in einer Höhe von 50,58 Millionen Euro und Bankschulden von 17,14 Millionen. 

Alles in allem wies die CPI-Gruppe Ende 2020 Verbindlichkeiten in einer Höhe von gar 220 Millionen Euro aus. 

Die zentrale Frage ist nun, wie viel Vermögen tatsächlich vorhanden ist – und wem es zuzurechnen ist. 

"Eventuell nicht widmungsgemäße Verwendung"

Die Antwort darauf ist deshalb schwierig, weil die Gesellschaften der Kreihsler-Gruppe im Wege von Beteiligungen und wechselseitigen Finanzierungen eng verflochten sind. "Seitens der CPI bestehen hohe Forderungen gegen Gesellschaften, die im Bereich des Herrn Kreihsler stehen oder standen. Inwieweit diese Forderungen werthaltig sind und rückgeführt werden, wird gerade geprüft. Sollten von dieser Seite keine Zahlungen kommen, so werde ich für die CPI Immobilien GmbH Insolvenz anmelden müssen.“  

An anderer Stelle heißt es: "Es kann bei einigen Projekten zu einer wesentlichen Reduktion bis zum momentanen oder totalen Verlust des eingesetzten Kapitals kommen … Momentan deshalb, da bei einem Verkauf des Objekts die Gelder – bei eventuell nicht widmungsgemäßer Verwendung – zurückgefordert werden. Ob dies dann gelingt, ist nicht vorhersehbar. Sollte sich obiges bestätigen, ist der zuständige Geschäftsführer verpflichtet, auch alle strafrechtlich relevanten Vorgänge zu prüfen und gegebenenfalls zur Anzeige zu bringen." 

profil erreichte Patrick Volkert telefonisch: "Ich versuche nach wie vor, einen Überblick zu bekommen", berichtet der Not-Geschäftsführer, "es bestehen oberhalb, neben und unterhalb der CPI Immobilien GmbH zahlreiche Gesellschaften mit eigenen Geschäftsführungen, wo ich derzeit keine Ansprechspartner habe." Er versuche mit Hochdruck zu retten, was zu retten sei. 

Laut Volkert hat das Handelsgericht Wien zwischenzeitlich einen zweiten Not-Geschäftsführer bestellt. "Dem Gericht ist bewusst geworden, wie groß das alles ist." 

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.