Valie Export, "Geometrische Figuration", 1972

80. Geburtstag von Valie Export: Aktion Revolte

Das vielgestaltige Lebenswerk der Multimedia-Künstlerin Valie Export: ein Crashkurs.

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Im Schaffen der Valie Export ist die Subversion eine Grundbedingung. Mit den Worten der Schriftstellerin Elfriede Jelinek: "Eigentlich gehörte dieses Werk, wie überhaupt die Werke von Frauen, die nicht mit Schmutzentfernung, Pflege oder Reproduktion zu tun haben, in eine Art Untergrund, eben diesen klandestinen Strom, der sich, träge meist, unter der herkömmlichen Geschichtsschreibung dahinwälzt."

Die ersten offiziellen Eintragungen in der Export-Werkliste sind - neben einem Kurzfilmdrehbuch und dem Projekt einer Galerievernebelung - die 1966/67 entstandenen Selbstporträts auf Schmalspurfilm und ein leider verschollener "Menstruationsfilm" von 1967. Erst ihre Aktionen aber, von denen manche im Zusammenspiel mit Peter Weibel entstanden, führten dazu, dass man die Künstlerin tatsächlich nicht mehr übersehen konnte: Eine erste "Expanded Cinema"-Performance namens "Cutting" (1967/68) erregte Aufsehen, es folgten das heute legendäre Wiener "Tapp-und Tastkino" (1968) sowie die vor allem durch die gleichnamige Fotoserie berühmte Arbeit "Aktionshose: Genitalpanik" (1968/69). Export stellte sarkastisch ihren Körper zur Verfügung, dabei aber weniger sich selbst als den männlichen Voyeurismus bloß.

Als Aktionskünstlerin wurde sie danach immer extremer - und raffinierter: In "Eros/ion" (1971) rollte sie ihren nackten Körper durch Glassplitter, in "Hyperbulie" (1973) ließ sie sich von Stromschlägen in die Knie zwingen, bildete so die sozialen und politischen Zwänge ab, die sie um sich spürte.

Parallel dazu trieb sie in den 1970er-Jahren ihr avantgardistisches Filmwerk (mit "Mann & Frau &Animal", 1973, etwa und ihrem dystopischen Langfilmdebüt "Unsichtbare Gegner", 1977) ebenso konsequent voran wie ihr fotografisches Œuvre: Für ihre "Glasplatte mit Schuss" (1972) machte sie sich metaphorisch zum Opfer eines Projektils, in zahllosen Bildern wie "Einkreisung" (1976) verdeutlichte sie als ihr eigenes Objekt die erzwungen radikale Anpassungsfähigkeit des weiblichen Körpers im Stadtraum.

Waltraud Lehner alias VALIE EXPORT feierte am 17. Mai 2020 ihren 80. Geburtstag.

In den Jahren danach arbeitete sie vorrangig an Fotozyklen und experimentellen Spielfilmen ("Menschenfrauen", 1979; "Die Praxis der Liebe", 1984). Seither befasst sich Export mit sehr verschiedenen Medien, mit Skulptur, Installation, Video und Fotografie. Dabei geht es ihr oft um Stimme, Sprache und Lauterzeugung - wie in der aus einer invasiven Stimmritzen-Performance entstandenen Videoarbeit "I turn over the pictures of my voice in my head" (2007/08).

Weiterführende Werkstudien sind mithilfe der weit verzweigten Website der Künstlerin möglich. Und die in ihrer Heimatstadt Linz gelegene Landesgalerie beherbergt seit mehr als 20 Jahren wesentliche Export-Werke. Im Rahmen eines konservierungswissenschaftlichen Projekts wurden Maßnahmen der Erhaltung und Restaurierung des Export-Bestands umgesetzt. Die Ergebnisse werden nun präsentiert. Zu sehen ist die Ausstellung bis 13.9. Am 17. Mai, dem 80. Geburtstag der Künstlerin, ist der Ausstellungseintritt übrigens frei.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.