ABBA-Comeback „Voyage“: Für immer jung
Eines vorweg: ABBA klingt heute, wie ABBA auch vor 40 Jahren geklungen hat. Es gibt Discobeats, zu denen man sofort tanzen möchte, feierliche Schunkel-Rhythmik und überlebensgroße Synthesizer-Dramatik. Das Album „Voyage“ ist tatsächlich eine Reise, genauer: eine Zeitreise.
40 Jahre. Eine Ewigkeit, vor allem in der Popmusik. Versteht man Unterhaltungsmusik-Stars, diese öffentlichen Heldenfiguren, als Projektionsfläche, als Gespenster, die nicht zu fassen sind, dann ist das überraschendste Comeback der Popgeschichte wohl nichts anderes als die logische Konsequenz ihres bisherigen Schaffens. Die Idee ABBA erschaffen sich die Hörerinnen und Hörer schon selbst. Was bleibt sind die Hits, die man immer wieder hören kann, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.
So ist es nur folgerichtig, dass die vier Originalmitglieder, mittlerweile in ihren Siebzigern, im kommenden Jahr zwar wieder Konzerte geben werden, dafür aber nicht selbst auf der Bühne stehen müssen. Als sogenannte Avatare, also computergenerierte Abziehbilder ihrer selbst, die ihren jungen Versionen in Aussehen und Mimik bis aufs letzte Haar gleichen, werden Agnetha Fältskog, Björn Ulvaeus, Anni-Frid Lyngstad und Benny Andersson Abend für Abend, begleitet von einer zehnköpfigen Band, in ihrer eigenen Londoner Arena auftreten.
Das Vermächtnis der Gruppe, das durch Filme („Mamma Mia!”, 2008), Musicals und ein eigenes Museum auf der Insel Djurgården in Stockholm popkulturell zementiert wurde, wird so nochmal in die Gegenwart gehoben. Hört man die zehn neuen Songs, versetzt einen dieses Erlebnis ins Jahr 1974, als ABBA mit dem Lied „Waterloo” in Schlaghosen den Eurovision Songcontest gewonnen hat. Diese Reminiszenz ist begründet: „Just a Notion”, die dritte Single-Auskopplung aus „Voyage“, wurde schon 1978 erstmals aufgenommen, damals aber nicht veröffentlicht. Und der Song „Keep an Eye on Dan” endet nicht zufällig kokett mit der einprägsamen Klaviermelodie des Hits „SOS” von 1975. Gestern, heute und morgen sind für ABBA spätestens mit ihrer Avatar-Konzertreihe keine Kategorie mehr. Im ewigen Popgedächtnis sind sie längst Säulenheilige – und daran wird auch „Voyage”, so schrullig einzelne Songs klingen mögen, nichts ändern.
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