AKM-Präsident Vieweger: "Nur ein faires Internet ist ein freies Internet"
Anmerkung: Die AKM ist eine Verwertungsgesellschaft, zu denen sich Autoren, Komponisten und Musikverleger in Österreich zusammengeschlossen haben. Die Gesellschaft gehört diesen Rechteinhabern. Das folgende Interview wurde noch vor der endgültigen Entscheidung im EU-Parlament geführt.
profil: Die AKM hat sich für die EU-Urheberrechtsreform ausgesprochen – warum? Vieweger: In der digitalen Welt wird mit kreativen Inhalten eine erhebliche Wertschöpfung erzielt, allerdings kommt diese vorwiegend den großen Plattformen wie YouTube zugute, nicht den Kreativschaffenden, deren geistiges Eigentum hochgeladen und geteilt wird und somit zur Popularität der Plattformen beiträgt. Diese Gesetzeslücke muss geschlossen und faire Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden, sprich: eine faire Vergütung von Kreativschaffenden für die Online-Nutzung ihrer Werke sichergestellt werden. Wir wollen, dass auch die nächste Generation UrheberInnen von ihren kreativen Werken leben können wird.
Wir sehen keine Einschränkung des Internets.
profil: Inwiefern wurden Kunstschaffende bisher im Internet durch fehlende Gesetzmäßigkeiten geschädigt? Vieweger: Der Musikmarkt hat sich in den letzten zwanzig Jahren drastisch verändert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden aber nicht entsprechend angepasst, sodass große Online-Unternehmen, die urheberrechtlich geschützte Inhalte auf ihren Plattformen organisieren, optimieren und promoten, keine Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern abschließen mussten. Der dadurch entstandene wirtschaftliche Schaden lässt sich nicht in Zahlen abschätzen, es dürfte sich aber um beträchtliche Beträge handeln, die nicht an die UrheberInnen, sondern in Form von Werbeeinnahmen direkt an die großen US-Konzerne geflossen sind. Allein in Europa wird das Marktvolumen von Plattformdiensten auf 22 Mrd. Euro geschätzt. Ein großer Anteil davon geht auf die Nutzung von kulturellen Inhalten zurück. Gleichzeitig macht der Online-Umsatz von UrheberInnen im Durchschnitt nur 10% ihres Gesamtumsatzes aus. Ein riesiges Missverhältnis, wenn man überlegt, wie häufig ein Musikstück online angeklickt oder über Streamingdienste konsumiert wird.
profil: Können die Rechte von Kunstschaffenden und das geistige Eigentum nicht auch adäquat geschützt werden, ohne die Freiheiten des Internets einzuschränken? Vieweger: Wir sehen keine Einschränkung des Internets. Großkonzerne sind in der Lage, Lizenzen zu erwerben, das haben sie in der Vergangenheit bereits gezeigt. Nur ein faires Internet ist ein freies Internet, denn es ermöglicht das Miteinander von Kreativen, Plattformen, Rechteinhabern und Nutzern. Genau darum geht es auch in der Urheberrechtsrichtlinie: die Plattformen sollen Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern abschließen und eine faire Vergütung leisten, die User sollen weiterhin ihr Internet, wie sie es kennen, nutzen können.
Das Ziel der Richtlinie ist, die großen Konzerne in die Pflicht zu nehmen, nicht die normalen User.
profil: Welche konkreten Vorteile hätten Künstler in Österreich, wenn die Reform zu Stande kommt? Vieweger: KünstlerInnen kommen endlich zu dem Ihnen zustehenden Geld für die Online-Nutzung ihrer Werke.
profil: Verstehen Sie die Sorgen der Menschen, die sich gegen die Reform aussprechen? Vieweger: Wir verstehen, dass aufgrund der verbreiteten Fehlinformationen und irreführender Aussagen Unruhe unter den NutzerInnen herrscht. Jedoch ist das Ziel der Richtlinie ein anderes, nämlich die großen Konzerne in die Pflicht zu nehmen, nicht die normalen User. Daher ist die Sorge unseres Erachtens unbegründet und das Ergebnis einer massiven Fehlinformationskampagne der Richtliniengegner.