Oper

Alle gefesselt: Musiktheater über Alma Mahler-Werfel an der Wiener Volksoper

Mit Legenden aufräumen: Die Komponistin Ella Milch-Sheriff bringt an der Wiener Volksoper ein Werk über das Leben der umstrittenen Alma Mahler-Werfel zur Uraufführung.

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Es sei „ganz und gar erstaunlich", dass sich „dieser schillernden Figur als Opernvorlage“ bisher niemand angenommen habe, sagt Omer Meir Wellber, 42, Chefdirigent der Wiener Volksoper, der schon nach kaum mehr als einem Jahr im Amt nach Hamburg abgeworben worden war, über sein letztes Unternehmen im Haus an der Währinger Straße: In „Alma“ wird es um die legendär-notorische Alma Mahler-Werfel gehen, die Musik stammt von seiner langjährigen Freundin Ella Milch-Sheriff, mit der er bereits eine Vielzahl von Projekten realisiert hat, dem Ensemble steht Titelheldin Annette Dasch vor. Am 26. Oktober findet die Uraufführung statt.

Die Israelin Milch-Sheriff, 70, die Witwe des Komponisten Noam Sheriff, hat sich mit ebenso packenden wie zugänglichen Werken einen Namen gemacht. Das Thema trage sie schon lange in sich, erzählt sie im profil-Gespräch. Alma Mahlers Lieder für Streichquartett habe sie schon vor Jahren orchestriert. „Mich hat berührt, dass sie in so jungen Jahren schon derart großes Talent zeigte und es dann für Gustav Mahler aufgab, weil er es von ihr verlangt hatte. Mit 22 Jahren war Schluss für sie, und ich frage mich, was uns da womöglich an spannender Musik vorenthalten wurde. Jetzt haben wir nur 25 Lieder, sonst nichts.“
Mahler-Werfel (1879–1964) genießt weithin keinen allzu guten Ruf, sogar „Alma“-Regisseurin Ruth Brauer-Kvam hielt diese, ehe sie sich näher auf sie einließ, erst für eine Männerfresserin und Muse, für anstrengend und antisemitisch. Auch die Volksoper wirbt für „Alma“ mit den Schlagwörtern „Mutter –  Dompteurin – Monster – Tigermami“. Doch die Oper porträtiert eine an ihrer Kreativität gehinderte Frau und Mutter, die mit dem Verlust dreier Kinder fertig werden musste.
„Ich möchte mit Legenden aufräumen“, sagt Milch-Sheriff. „Franz Werfel hätte ohne sie nicht überlebt. Sie hat ihn zur Flucht vor den Nazis gezwungen, damit sein Leben gerettet. In Oskar Kokoschka hat sie enorme Kreativität entfesselt. Jene Männer, die sie verdammt haben, hatten Angst vor ihr. Dabei hat sie alle gefesselt, selbst noch als alte Frau. Sie war Muse und Künstlerin. Aber die repressive Wiener Gesellschaft duldete dies nicht.“

Die Uraufführung von „Alma“ war für ein anderes Opernhaus geplant, aber Meir Wellber zuliebe kommt das Werk nun an die Volksoper: „Wien ist Alma etwas schuldig“, sagt Milch-Sheriff. Deshalb beginne ihre Oper, die auch moderne Walzer und kleine Mahler-Zitate berge, 1935 beim Begräbnis von Manon Gropius – mit fern heranklingender Heurigenmusik. Und Meir Wellber ergänzt: „Ellas Musik berührt alle; es gab bei den Proben Momente, da alle geweint haben.“