Böse Blumen

André Kubiczeks "Skizze eines Sommers": Böse Blumen

Wenige Bücher über Jugendliche haben die Leichtigkeit von Kubiczeks "Skizze eines Sommers".

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Welche Musik man als Jugendlicher hört, ist mehr als bloß eine Geschmacksvorliebe. Gerade beim Kennenlernen kann es zentral sein, ob man dieselbe Band verehrt oder nicht. Er möge Bryan Ferry von Roxy Music, gesteht der 16-jährige René seiner Flamme Rebecca. Ferry sei nämlich "so was wie ein singender Oscar Wilde". Rebecca findet, das sei "prätentiöser Kunst-Kitsch", sie bevorzugt die musikalischen Noise-Welten der Einstürzenden Neubauten. Trotzdem funkt es zwischen den beiden in André Kubiczeks Roman "Skizze eines Sommers", der im Vorjahr auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis stand.

Scheinbar schwerelos erzählt das Buch von den Sommerferien 1985 in der DDR; Michail Gorbatschow wird nur einmal kurz erwähnt, die Perestroika ist noch in weiter Ferne, man merkt aber schon kleine Risse im sozialistischen Alltag. Es geht dem Autor, der 1969 in Potsdam geboren wurde, aber gar nicht darum, in Ostalgie zu schwelgen. Er fängt vielmehr das Lebensgefühl von René und seinen Freunden ein. Dass die Geschichte im Osten spielt, merkt man an Kleinigkeiten, etwa daran, dass Bücher wie Baudelaires "Die Blumen des Bösen" extrem schwierig aufzutreiben sind. "Skizze eines Sommers" erinnert an Wolfgang Herrndorfs grandiosen Bestseller "Tschick", der ebenfalls einen Jugendlichen im Zentrum hatte, der einen letzten unbeschwerten Sommer ganz ohne Eltern verbringt. Beiden Romanen gelingt die lässige Balance zwischen Leichtigkeit und existenziellen Gefühlen, die in der Pubertät das Leben bestimmen.

André Kubiczek: "Skizze eines Sommers". Rowohlt. 377 S., EUR 20,60

Karin   Cerny

Karin Cerny