Instructions for a Light and Sound Machine, 2005, Peter Tscherkassky

Avantgarde-Vinyl im Österreichischen Filmmuseum

Dirk Schaefers fantastische Soundtracks zu Tscherkasskys Filmen werden am Samstagabend in einer Luxusedition präsentiert.

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Der Filmemacher Peter Tscherkassky gehört zweifelsfrei zu Österreichs international bedeutendsten Kinokünstlern; er arbeitet streng analog, Bild für Bild an hochverdichteten Collagen gefundenen Filmmaterials. Sein jüngstes Werk, „Train Again“, kam im Sommer 2021 in Cannes zur Uraufführung (profil berichtete). Die Musik zu seinem ekstatischen Kino stammt bereits seit 2005 von dem deutschen Komponisten Dirk Schaefer. Seit fast zwei Jahrzehnten also arbeiten Schaefer und Tscherkassky gemeinsam an höchst eigenwilligen Kino- und Klangstücken. In einer Art File-Ping-Pong zwischen Berlin und Wien entstehen diese komplexen Soundscapes, die nun auf einer luxuriösen Doppel-Vinyl-Ausgabe nachzuhören sind.

Am Samstag, 19. Februar, um 21 Uhr werden Tscherkassky und Schaefer im Österreichischen Filmmuseum das schöne Objekt präsentieren, auf dem sich sämtliche Kompositionen Schaefers zu den Dunkelkammerfilmen des Österreichers finden. Als eine Art Bonustrack hält die Edition zudem eine Flexi-Disc mit Tscherkasskys eigenem Soundtrack zu „Outer Space“ (1999) bereit. Auch der Künstler Stanley Schtinter, Gründer und Leiter des Londoner Labels purge.xxx, wird anwesend sein, die auf 250 Stück weltweit limitierte Platte wird selbstredend in diesem Rahmen zu erwerben sein. Zum Auftakt des Abends bietet man Tscherkasskys 17-minütiges CinemaScope-Melodram „Instructions for a Light and Sound Machine“ auf, seine erste gemeinsame Arbeit mit Dirk Schaefer.

„Was ich anstrebe“, sagt Schaefer, auch durch seine langjährige Zusammenarbeit mit dem Avantgardefilmkünstler Matthias Müller (Home Stories, 1990; Alpsee, 1995 etc.) bekannt, „ist immer eine gewisse Ambivalenz, etwas Uneindeutiges, Unerlöstes, das manchmal eher ironisch, dann wieder auratisch ausfallen kann.“ Schaefers Soundtracks sind stark geräuschorientiert, es tickt, klappert, klirrt, rauscht, raschelt, zirpt und surrt in ihnen. Er sucht klangliche Plastizität, die „Berührung“, wie er es nennt, das enge Verhältnis zur tönenden „Wirklichkeit“. Er genieße im Übrigen „die größte denkbare Freiheit – weil Peter mir, wofür ich ihm nicht genug danken kann, voll und ganz vertraut“.

Tscherkassky meint, Schaefers Soundtracks seien „sehr zurückhaltend, spielen sich nie in den Vordergrund“. Das mache ihn als Filmkomponisten so aufregend. „Dirk denkt eigentlich wie ein Trickfilmmusiker: Er passt sich jedem Schnitt, jeder Bewegung im Bild intuitiv an. So läuft er gar nicht erst Gefahr, die Bilder zu erdrücken. Dirk ist jemand, der den Dialog und nicht die Dominanz sucht.“ Musik, die Teil eines filmischen Ganzen wird, verändere sich substanziell, meint Schaefer noch. „Hitchcock wusste das. Er sagte: ,If you put music to film, it’s really sound.’ Sprich: Der final cut der Filmmusik ist die Tonmischung. Wer für den Film komponiert, muss dafür einen Sinn haben. Glücklicherweise bin ich Komponist, dialogue editor, Sounddesigner und Mixer in einer Person.“

 

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.