Insyriated Berlinale Damaskus
Terror und Liebe in Damaskus

Film „Insyriated“: Terror und Liebe in Damaskus

Berlinale-Film „Insyriated“

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Der Schlag in die Magengrube kommt bereits nach wenigen Minuten. Ein junger Mann wird von einem Scharfschützen über den Haufen geschossen. Mithilfe eines ausländischen Journalisten hatte er gerade noch die Flucht mit seiner kleinen Familie aus Syrien geplant. Seine Frau und das Kind bleiben als Teil einer zufälligen Wohngemeinschaft zurück.

Während in den Straßen und Plätzen der syrischen Hauptstadt der Krieg wütet und die Autobomben im Stakkato detonieren, versucht die starke Familienmutter (Hiam Abbass) den Alltag so gut wie möglich aufrechtzuerhalten. Die Familie trifft sich mittags am großen Esstisch. Es gibt kaum noch Wasser, jeder Schritt vor die Tür ist gefährlich. Der Großvater unterrichtet den kleinen Enkel. Das Leben außerhalb der eigenen vier Wände scheint für den Alten nicht mehr zu existieren. Die Wohnung, einst trautes Heim, ist zum Gefängnis geworden.

Dieser Kampf ist nicht zu gewinnen

Es braucht nur wenige Einstellungen, um den Zuschauer in den permanenten Ausnahmezustand des Krieges hineinzuversetzen. Der belgische Regisseur und Kameramann Philippe Van Leeuws hat mit „Insyriated“ nicht nur einen der wichtigsten Filme der Panorama-Schiene des Festivals vorgestellt, er versetzt die Zuseher auch in eine kaum auszuhaltende Situation. Kein Wunder: Während man in einem Berliner Kinosaal den Schicksalen dieser zufälligen Schicksalsgemeinschaft folgt, wütet der Kriegsterror in Syrien bereits im siebten Jahr. Ein Ende scheint mit jedem neuen Monat weiter in die Ferne zu rücken. Antworten auf dringliche Fragen fehlen.

Der Film stellt die Zuseher vor unbeantwortbare Fragen: Ist zu verantworten, ein Mitglied der Gemeinschaft auszuliefern, um das Überleben der anderen zu sichern? Philippe Van Leeuws Kammerspiel zeigt Menschen in einer extremen Situation, die extremes Verhalten hervorbringt.

„Insyriated“ zeigt dabei eindrucksvoll: Dieser Kampf ist nicht zu gewinnen. Im Krieg gibt es keine Gewinner und keine richtigen Antworten. Man kann nur genauer hinschauen und vom Kriegstreiben berichten. Das ist die Agenda dieses Film.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Von 2009 bis 2024 Redakteur bei profil.