Hey, wie wird das Wetter morgen?
Von Wolfgang Paterno
Die deutsche Boulevardzeitung „Bild“ hat jüngst in gewohnt fein gedrechselten Sätzen verkündet: „Um Ihnen möglichst viel Arbeit abzunehmen, hat BILD eine Künstliche Intelligenz erschaffen. Die KI hört auf den Namen Hey_ und unser großes BILD-Versprechen lautet: Hey_ schenkt Ihnen Lebenszeit und nimmt Ihnen Dinge ab, auf die die meisten keine Lust haben.“ Die Anwendungsgebiete? Eine Liste, die sich von einem Cliffhanger zum nächsten schwingt: „E-Mails schreiben lassen! Nie wieder Ärger mit Tabellen! Schreib mir eine Rede! Abwesenheitsnotiz schreiben! Wie wird das Wetter?“
Abgesehen davon, dass in der Welt der „Bild“, des Fachblatts für das Vibrato der Empörung und Verhetzung, Worte wie „künstlich“ („knallhart“ ist eine Lieblingsvokal der „Bild“) und „Intelligenz“ so fremd sind wie der Liberalismus für Wladimir Putin, ist die KI-Idee für den Alltagsgebrauch durchaus ausbaubar. Drei lohnende Einsatzgebiete:
Mit Hey_ wäre das Ende von Donald Trumps maßlos kommunizierter Wut auf alle anderen nur wenige Klicks entfernt! Via KI ließe sich das weite Feld seiner verdrehten Unwahrheiten (neuerdings etwa wieder auf seinem reaktivierten X-Konto) wirksam einschränken, Trumps Superlativ-Orgien verkämen, via hey.bild.de sorgsam gefiltert, zu einem Happening der Mittelmäßigkeit.
Nie mehr maue Kulturtipps!
In Nullkommanichts entfielen auch sämtliche Versuchungen, in den unendlichen Weiten von Facebook, X und Co. zu versumpern. Hey_ sorgt für digitales Detoxing! Sie können bestimmen, in welcher Tonart sich Smartphone, Tablet und PC bei Ihnen melden: „Das Zeitlimit, in dem die Nutzung wieder erlaubt ist, beträgt zehn Minuten!“ Beziehungsweise: „Es gibt derzeit absolut nichts Neues auf Erden!“
Schließlich: Nie mehr maue Kulturtipps! Hey_ formuliert per Knopfdruck wasserdichte Listen lesenswerter Bücher, sehenswerter Filme, beeindruckender Ausstellungen. Wir greifen Hey_ hiermit großzügig vor: Lesen Sie den Roman „Trophäe“ (Zsolnay) der 1976 geborenen belgisch-flämische Autorin Gaea Schoeters, in dem sich ein amerikanischer Manager in ein ostafrikanisches Land aufmacht, um ein Nashorn zu töten. Schoeters macht daraus eine beklemmend-beglückende Geschichte über Leben und Sterben. Geben Sie dem deutschen Komik-Gespann Anke Engelke und Bastian Pastewka in der Beziehungskomödie „Perfekt verpasst“, deren Titel bündig den Inhalt referiert, eine Chance (ab 15. August auf Amazon). Besuchen Sie das „Haus der Geschichte Österreich“ am Wiener Heldenplatz. Die aktuelle Hauptausstellung „Neue Zeiten: Österreich seit 1918“ bietet Einblicke in die wichtigsten politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen des letzten Jahrhunderts von Austria-Land.
Sollten Sie in alldem dennoch nicht fündig werden, können Sie Hey_ immer noch fragen, wie das Wetter wird.
