Bob Dylan

Bob Dylan live in Wien und Innsbruck

Bob Dylan kommt 2019 für drei Konzerte nach Österreich.

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Am 16. und 17. April macht Altmeister und Literaturnobelpreisträger Bob Dylan auf seiner "Never Ending Tour" mit seiner Band im Wiener Konzerthaus Station, am 19. April folgt ein Auftritt in der Olympiaworld Innsbruck.

"Wie Einstein für die Physik" sei Bob Dylan für die Popkultur, schrieb das US-Magazin "Newsweek". Die Nobelpreis-Jury würdigte ihn nun für seine "poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Gesangstradition". "Einer der großen - wenn nicht der größte - Songschreiber des 20. und 21. Jahrhunderts", sagt der Historiker und Dylan-Experte Sean Wilentz von der Princeton-Universität.

Sein weltweiter Einfluss ist kaum hoch genug einzuschätzen. Mit Protestsongs wie "Blowin' In The Wind" oder "The Times They Are A-Changing" revolutionierte der als Robert Allen Zimmerman in Duluth/Minnesota geborene Dylan Anfang der 60er-Jahre noch als Akustik-Folk-Sänger die gesellschaftliche Relevanz der populären Musik. Als Erfinder des elektrischen Folkrocks mit Meisterwerken wie "Like A Rolling Stone" wies er einer ganzen Musikergeneration neue Wege. Auch im fortgeschrittenen Alter nahm er wichtige Alben wie "Time Out Of Mind" (1997) auf. Als wichtigster Popdichter war er seit 20 Jahren Kandidat für den Literaturnobelpreis - nun hat er ihn erhalten.

In seinen Liedern vereine dieser längst legendäre Künstler Ideen, Gefühle und Lyrik, sagt Wilentz, der das Buch "Bob Dylan und Amerika" veröffentlichte. "Und seine Arbeit, damals wie heute, inspiriert, gefällt, unterhält und baut Menschen weltweit auf." Allerdings sei Dylan "im Wesentlichen kein politischer Mensch", betont der Geschichtsprofessor. "Er wollte niemals in irgendeiner Weise ein Anführer sein - er ist ein Künstler und hat nicht dieses politische Temperament."

Gut 35 Millionen Google-Treffer finden sich zu Bob Dylan. Rund 100 Millionen Tonträger soll der Musiker verkauft haben - und damit weniger als Taylor Swift oder Justin Bieber. Doch mit Zahlen lässt sich das Kulturphänomen nicht erfassen. In seinen 2004 erschienen "Chronicles" schrieb Dylan über seinen Karrierestart: "Amerika wandelte sich. Ich ahnte eine schicksalhafte Wendung voraus und schwamm einfach mit dem Strom der Veränderung. Das ging in New York genauso gut wie anderswo."

Noch unter seinem Geburtsnamen spielt der am 24. Mai 1941 geborene Gitarrist und Pianist zunächst Mitte der 50er-Jahre Rock 'n' Roll in Highschool-Bands wie The Golden Chords oder The Shadow Blasters. Das Faible für die neue Folk-Bewegung entdeckt der aus einer jüdischen Familie stammende junge Mann 1959 an seinem Studienort Minneapolis. Der Songwriter-Tramp Woody Guthrie und die US-Linken-Ikone Pete Seeger werden ihm nun wichtiger als Little Richard oder Gene Vincent.

So treibt ihn der "Strom der Veränderung" in den New Yorker Szene-Stadtteil Greenwich Village. Erste Konzerte in kleinen Folkclubs, erste Plattenaufnahmen, der erste Vertrag mit dem Label Columbia - aber noch deutet nichts darauf hin, dass hier einer die Musikwelt auf den Kopf stellt. Das ändert sich mit dem Song "Blowin' In The Wind" vom zweiten Album "The Freewheelin' Bob Dylan" (1963), dessen längst ikonisches Cover ihn in enger Verbundenheit mit seiner ersten großen Liebe Suze Rotolo zeigt.

Wilde, wütende Lieder wie "Masters Of War" oder "A Hard Rain's A-Gonna Fall" qualifizieren Dylan für die Protest-Folk-Bewegung um Joan Baez - und für den Marsch der Bürgerrechtler ("Civil Rights March") mit Martin Luther King nach Washington. Er nimmt nun großen Einfluss "auf alles, was aus dem linken Reformismus kommt, aus der sich entwickelnden Kultur, die er vor 50 Jahren stark geprägt hat", sagt Wilentz.

Doch weder die Rolle eines Folkidols mag Dylan auf Dauer annehmen, noch die der politischen Symbolfigur. Also mutiert er abermals - diesmal zum Rockmusiker mit elektrischer Gitarre und lauter Band. Auf den neuen Song "Maggie's Farm" reagieren Fans beim Newport Folk Festival mit Buhrufen, ein Jahr später wird er in England für seinen "Verrat" am Folk als "Judas" beschimpft. Am 11. November erscheint die CD-Box (36 Scheiben) "The 1966 Live Recordings" mit Mitschnitten aller Konzerte dieser legendären Tournee.

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Dylan lässt sich von der Kritik nicht beirren und komponiert Mitte bis Ende der 60er Klassiker in Serie. "Like A Rolling Stone" bricht damals gängige Regeln der Musikindustrie und wird später vom Fachblatt "Rolling Stone" zum besten Lied aller Zeiten gekürt. Alben wie "Bringing It All Back Home", "Highway 61 Revisited" und "Blonde On Blonde" machen Dylan zum Rockstar. Seine mit ungewohnten Metaphern und literarischen Anspielungen durchsetzten Texte sind von beispielloser Qualität.

Nach einem mysteriösen Motorradunfall im Sommer 1966 zieht sich Dylan aus der Öffentlichkeit zurück, lässt die von ihm geprägte Gegenkultur links liegen, lebt mit seiner Ehefrau Sara Lowndes und den gemeinsamen Kindern (darunter der später seinerseits als Sänger erfolgreiche Sohn Jakob Dylan) nahe Woodstock bei New York. Als dort 1969 das wichtigste Festival des Jahrzehnts über die Bühne geht, ist ausgerechnet der neben den Beatles und den Rolling Stones wichtigste Rock- und Pop-Pionier nicht dabei.

Nach dem Rückzug meldet er sich wieder mit Folk zurück, das Album "John Wesley Harding" ist von religiösen Motiven durchzogen. Dann nähert sich Dylan mit "Nashville Skyline" dem Country. Die 70er sind eine wechselhafte, schwierige Zeit für Dylan: die Trennung von Sara Lowndes, eine gewisse künstlerische Stagnation (abgesehen vom herausragenden "Blood On The Tracks" und in Teilen "Desire"), am Ende des Jahrzehnts eine Hinwendung zum Christentum. All das ist begleitet vom Aufschrei vieler Fans.

Auch für die 80er fällt die Bilanz durchwachsen aus: einige schwache Platten, Alkoholprobleme, chaotische Konzerte. Auf der Habenseite stehen eine zweite Heirat, kommerzielle Erfolge mit der All-Star-Band Traveling Wilburys, der Beginn der berühmten "nie endenden Tournee" rund um den Erdball mit 100 Konzerten pro Jahr seit 1988. Und mit dem Album "Oh Mercy" eine Rückkehr (fast) zu alter Form. Die komplette Rehabilitierung gelingt 1997 mit dem ersten großen Alterswerk "Time Out Of Mind".

Seitdem hat Dylan trotz immer brüchiger werdender, schnarrender Stimme einen Lauf, setzt Rufzeichen wie "Modern Times" (2006) oder "Tempest" (2012). Die Liedsammlungen "Shadows In The Night" (2015) und "Fallen Angels" (2016), mit Stücken, die auch Frank Sinatra im Repertoire hatte, erntete viel Anerkennung. Dylans Alben steigen nun in den Charts so hoch wie selbst in den 60ern nicht, teilweise bis an die Spitze.

In meist ausverkauften Konzerten strahlt der ältere Herr mit dem schmalen Bärtchen, den grauen Locken und dem schicken Hut Würde und Gelassenheit aus. Und er macht weiter was er will, würfelt auf der Bühne Songs aus allen Phasen seiner langen Laufbahn durcheinander, interpretiert sie stets neu, verzichtet auf Nostalgie-Shows und verlangt Aufmerksamkeit.

Dylans Auszeichnungen sind kaum noch zu zählen: elf Grammys, der Oscar für einen Filmsong, der Pulitzer-Preis für "lyrische Kompositionen von außerordentlicher poetischer Kraft", die 2012 von Präsident Barack Obama verliehene "Presidential Medal of Freedom" als höchste zivile Auszeichnung der USA. Der Musiker war auch als Schauspieler aktiv ("Pat Garrett jagt Billy the Kid" von 1973, "Renaldo und Clara" von 1978, "Masked And Anonymous" von 2003). Und dilettiert als Maler durchaus ansehnlich.

Längst hat sich Dylan auch um die Pflege alter Americana-Musikstile verdient gemacht, etwa als Moderator anspruchsvoller Radiosendungen mit fast vergessenen Songschätzen eigener Helden. Das Gesamtwerk sei inzwischen selbst "so etwas wie ein Resümee der populären amerikanischen Musiktraditionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts geworden", schreibt Dylans deutscher Biograf Heinrich Detering.

Sein Kollege Wilentz aus Princeton sagt: "Seine Arbeit, damals wie heute, inspiriert, gefällt, unterhält und baut Menschen weltweit auf. Er ist ein großartiges amerikanisches Kulturgut."