Wie oft wurden Sie als Frau am Theater nicht ernst genommen, Aino Laberenz?
Während die Aristokratie über die Zukunft der Welt diskutiert, wütet auf den Plätzen und in den Straßen die Cholera. Bildungselite in der Bubble, so ließe sich heute formulieren: Von der Revolution, die sich zusammenbraut, bekommen die Damen und Herren rein gar nichts mit. Maxim Gorkis 1905 entstandenes Drama „Kinder der Sonne“ erscheint vor dem Hintergrund der Covid-Pandemie erschreckend aktuell. Der australische Regisseur Simon Stone, 37, hat den Stoff nun mit dem Gorki-Klassenkampf-Drama „Feinde“ zusammengeschnitten: Unter dem neuen Titel „Komplizen“ ist der Abend ab dieser Woche im Wiener Burgtheater zu erleben. Für die Ausstattung von „Komplizen“ ist Aino Laberenz, 40, verantwortlich, gefeierte deutsche Kostüm- und Bühnenbildnerin und Witwe des 2010 verstorbenen Allroundkünstlers Christoph Schlingensief. Kostüm und Bühne spielen am Theater häufig die geheime Hauptrolle. Ein Zoom-Gespräch über Machtstrukturen und Männerdominanz am Theater sowie Schlingensiefs afrikanisches Operndorf auf dem Umweg über Podium und Gewand.
profil: In vielen Kritiken werden Bühne und Kostüme oft nur in Nebensätzen erwähnt. Empfinden Sie das nicht als frustrierend?
Laberenz: Mir geht es darum, gemeinsam mit anderen eine Welt zu erschaffen, in die Zuschauerinnen und Zuschauer eintauchen können. Für mich ist es am schönsten, wenn alles so gut zusammenpasst, dass sich niemand fragen muss, wer all das gemacht hat.
profil: Benötigt man eine unverwechselbare Handschrift, um in Ihrem Fach Karriere zu machen?
Laberenz: Ich bin kein Karrieremensch, wenn das die Kriterien sind. Ich mag die Auseinandersetzung, die gegenseitige Inspiration. Es ist mir wichtig, dass ich im Probenprozess eine Stimme habe, die respektiert wird. Um die Kostüme zu entwerfen, sitze ich zwei Monate lang im Zuschauerraum. Ich überlege mir ja nicht nur, ob da oder dort eine grüne Jacke besser aussehen könnte als eine graue. Ich denke inhaltlich.
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