„Meine Stimme interessiert mich nicht“
Interview: Albert C. Eibl
profil: Sie haben Robert De Niro in zahllosen Filmen Ihre Stimme geliehen. Zugleich sind Sie als versierter Interpret der Weltliteratur bekannt. Welche Form des Arbeitens fällt Ihnen leichter? Christian Brückner: Die Reihe der, wie ich sie nenne, „Totschlagfilme“ fing mit Martin Scorseses „Taxi Driver“ an. Tatsächlich hatte ich immer Schwierigkeiten mit diesen gewalttätigen Geschichten, ich litt förmlich unter ihnen. Irgendwann stellte ich dann fest, dass diese Art von Kino nicht nur um der Spannung willen gemacht ist, sondern um ein Bild von Amerika zu zeigen – ohne Verkleidung, ohne Beifügung.
profil: Sie werden zuweilen „The Voice“ genannt. Mögen Sie Ihre Stimme? Brückner: Meine Stimme hat für mein Publikum eine völlig andere Wirkung als für mich. Mich interessiert meine Stimme überhaupt nicht. Ich arbeite zwar mit ihr, glaubte aber lange Zeit, dass sie nichts tauge. Obwohl ich nun schon lange mit ihr arbeite, ist dieser Gedanke noch immer da. Aber er ist nicht mehr bedrückend.
Studioaufnahmen sind wie die Durchquerung einer Wüste.
profil: Was macht Ihnen mehr Spaß: die Arbeit als Sprecher im Studio – oder das Vortragen vor Publikum? Brückner: Studioaufnahmen sind wie die Durchquerung einer Wüste, die mit unglaublicher Konzentration zu absolvieren ist. Bei den Vorträgen vor Publikum kann ich gleichsam die Beine vertreten und flexibel auf die Zuhörer reagieren.
profil: Worin besteht für Sie der Unterschied zwischen Erzählen und Vortragen? Brückner: Ein Vortrag ist ein Gelegenheitsauftritt. Das kann durchaus inspirierend sein. Erzählen ist dagegen jene Tätigkeit, mit der ich niemals aufhören möchte.
Man begibt sich dabei in eine andere Welt.
profil: Was ist das Besondere am Erzählen? Brückner: Man begibt sich dabei in eine andere Welt, die einem am Ende so gut wie immer glücklich macht.
profil: Gemeinsam mit Ihrer Frau betreiben Sie seit 2000 einen Hörbuchverlag. Was sind Ihre nächsten Projekte? Brückner: Wir haben drei kleinere Werke von Adalbert Stifter im Programm. „Abdias“ ist gerade erst erschienen und wurde bereits von Radio Brandenburg gesendet. Gern würde ich ist Stifters „Nachsommer“ machen. Ein grandioser Roman, den ich gern einlesen würde – auch auf die Gefahr hin, dass sich das Hörbuch nicht sonderlich verkaufen wird.