Klima, Klagen und Kerosin
Ein Blick in den Kalender zeigt: Der 12. März 2020 war der Tag vor der Shutdown-Pressekonferenz; es war die Woche der letzten Radausflüge, der letzten unbeschwerten Lokal- und Konzertbesuche – und die Tage der ersten Corona-Todesfälle in Österreich. Ein Jahr später fragt man sich täglich hoffnungsvoll: Wann wird es wieder normal – oder zumindest richtig Frühling?
Auf der anderen Seite: Wer über Krisen schreibt, darf zu Katastrophen nicht schweigen. Nach der Corona-Pandemie ist mitten in der Klimakrise. Meine KollegInnen Christina Hiptmayr und Joseph Gepp aus dem Wirtschaftsressort stellen sich in ihrem Klimapodcast „Tauwetter“ jeden zweiten Freitag die Fragen, die auch die kommenden Generationen beschäftigen werden. In der neuesten, vierten Episode beschreibt Michaela Krömer, Österreichs bekannteste Klima-Anwältin, den steinigen Weg durch die Gerichtshöfe. Die Klimakrise, so die Rechtsanwältin auf die Frage nach ihren Beweggründen, stelle alles in Frage: „Wenn wir das nicht gebacken bekommen, dann brauchen wir uns über Grund- und Menschenrechte nicht mehr unterhalten.“
So oder so: Die Welt ist mir mal wieder zu viel. Immerhin kann man bei dieser Lage des Landes und der Welt froh sein, dass die heimische Popprominenz – wenn schon nicht auf den Bühnen – zumindest in Songs und Alben weiter für Jubel, Krawall und Eskapismus sorgt. „Volume 1“ heißt das Debütalbum von Kathrin Kolleritsch (bekannt als Mitglied der Indierock-Band My Ugly Clementine) alias Kerosin95 – und es ist jetzt schon die eindringlichste Popsensation diesen frühen Frühlings. „Mag die Sonne heute nicht sehen, komm doch zu mir rüber, wir könnten schlafen gehen“, heißt es im Song „Nie wieder Fühlen“. Und: „Ich bin so müde, scheiß auf Existieren. Lass uns einfach träumen, lass uns heut nicht fühlen.“ Kerosin95 spürt hier nicht nur einem twentysomething-Lebensgefühl nach, es geht auf „Volume 1“ (das Album erscheint am 19. März bei Ink-Music) auch um das Leben als queerer Mensch („Nacht“), um Beziehungen, Rap-Musik („Futter“) und Neunziger-Pop („Shiver“), um Zerbrechlichkeit und Selbstbewusstsein, um Spaß und Ernst – um das Chaos Leben eben.
Zum Schluss noch eine erhellende Hörempfehlung zum Thema Feminismus und Frauenrechte damals und heute. Die Autorin und profil-Kolumnistin Elfriede Hammerl spricht im Podcast-Generationengespräch mit den Redakteurinnen Lena Leibetseder und Ines Holzmüller über den Gender-Backlash in der Corona-Pandemie – und wie wir da wieder rauskommen.
Alles wird gut.
Philip Dulle
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