Baden Baden: Jeder geht seinen Weg, Ana sucht immer noch

Crossing Europe Filmfestival: Fragile Identitäten

Crossing Europe Filmfestival: Fragile Identitäten

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Ana ist 26 Jahre alt und driftet durch ihr Leben, als sie von einem Gelegenheitsjob zurück in ihre Heimat Straßburg kommt. Zuhause ist das Leben weitergegangen. Die Großmutter ist älter geworden und kommt nicht mehr alleine durch den Alltag. Ihr Ex-Freund Boris ist am Weg, ein erfolgreicher Künstler zu werden. Alte Weggefährten haben sich arrangiert mit ihren Jobs und Beziehungen. Die Zeit vergeht, doch Ana sucht immer noch.

Mit „Baden Baden“ zeichnet die belgische Regisseurin Rachel Lang das Bild einer jungen Frau, der es nicht an Selbstbewusstsein mangelt, die sich aber schwer damit tut, sich selbst zu vertrauen und Halt zu geben. Am Ende gehen alle ihre Wege: Der Ex-Freund hat sich wieder aus dem Staub gemacht, die Großmutter stirbt und eine kurze Bekanntschaft entscheidet sich, der Fremdenlegion beizutreten. Und am Ende dieses Weges scheint Ana bereit, aus der Beobachterrolle hinausauszutreten, ihre Grenze zu überspringen und dabei Vertrauen in ihre eigene Identität aufzubauen.

(Anmerkung: "Baden Baden" hat gemeinsam mit dem Film "Babai" den Crossing Europe Fiction Award gewonnen)

Zwischen Nationalismus und Aufbruch

In der Dokumentation „When the Earth Seems to be Light“ steht vorrangig die Identität einer Gruppe an jungen Skateboardern in der georgischen Hauptstadt Tiflis im Zentrum: Außenseiter, Schulabbrecher, Künstler, Freunde. Der Kontext ihrer Existenz ist aber ebenso deutlich: ein Land, das durch den äußeren Feind Russland hin- und hergerissen wird zwischen plattem Nationalismus und Aufbruch nach Europa. Eine orthodoxe Kirche, die ihren Einfluss und gesellschaftliche Öffnung verteidigt. Und eine Stadt, die sich großteils durch ihre Geschichte definiert, aber gleichzeitig aufgrund von Widersprüchen und ständiger Improvisation Freiräume an vielen Ecken liefert.

Diese Räume besetzen und zelebrieren die Jugendlichen zwischen Skateboarden, Alkohol, Partys und kreativem Output. Eine Frage schwingt jedoch immer mit: Was wird aus uns Außenseitern in diesem Land werden, eingezwängt zwischen traditionellen Rollen, Liebe zur Heimatstadt und sich verschiebenden Grenzen – geographischen wie gesellschaftlichen?

Neue Grenzen, altes Leben

Grenzen überwinden musste auch der junge Nori in „Babai“, dessen Vater sich aus dem Kosovo bis nach Deutschland geschlagen hat, mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Vater ließ seinen Sohn zurück, doch Nori setzte alles daran, um ihm nach Deutschland zu folgen. Wieder vereint, hat sich an der Beziehung nicht viel verändert: Gibt es hier einen Platz für uns beide? Wie kommen wir miteinander zurecht? Oder müssen wir wieder zurück, in ein Leben und in Strukturen, die uns fremdbestimmt wirken lassen? Visar Morinas Debütfilm ruft in Zeiten der aktuellen „Flüchtlingskrise“ in Erinnerung, dass diese Fragen nicht erst seit kurzem relevant sind. Sondern uns die ganzen Jahre in unmittelbarer Nähe begleitet haben.

(Anmerkung: "Baden Baden" hat gemeinsam mit dem Film "Babai" den Crossing Europe Fiction Award gewonnen)

Loslassen und Finden

Begleitet hat die finnisch-türkische Regisseurin Melisa Üneri in ihrer Dokumentation „Daddy’s Girl“ wiederum sich selbst und ihren Vater Cengiz. Die damals 26-Jährige beschließt, aus ihrer Heimat Finnland nach Istanbul zu ziehen. Dieser Schritt der Emanzipation stellt ihren Vater auf eine Probe und bringt zum Vorschein, wie sehr sich seine eigene Identität durch die dominante Vater-Tochter-Beziehung definiert. Cengiz kann nicht loslassen, gleichzeitig tut sich seine Tochter schwer, ihrem Vater Grenzen klarzumachen. Das Kennenlerntreffen mit Melisas Freund in Istanbul wird zum Desaster. Doch am Ende – auch aufgrund der Distanz - macht sich die Reibung bezahlt und beide sind in der Lage, einen Schritt nach vorne zu gehen – jeder für sich selbst und in ihrer Beziehung zueinander.