„Memento Mori“ von Depeche Mode: Halt auf freier Strecke
Die Trauerarbeit beginnt in der Popmusik oft mit einem neuen Kapitel. Die britische Band Depeche Mode hat sich nach dem überraschenden Tod ihres Keyboarders Andrew „Fletch“ Fletcher in ein neues Album geflüchtet. Treffsicherer Titel: „Memento Mori“. Das Coversujet (wie stets gestaltet vom niederländischen Fotografen Anton Corbijn) ziert folgerichtig ein Trauerflor – und übrig bleiben zwei vom Leben gezeichnete survivors. Denn es waren vor allem Sänger und Frontman Dave Gahan sowie der Gitarrist Martin L. Gore, die den Pop-Hedonismus der 1980er- und 1990er-Jahre gelebt und mehrmals (zwischen Heroin-Überdosis, Alkoholsucht und Suizidversuch) daran fast zerbrochen sind.
Jetzt also diese möglicherweise letzten Lieder einer Kultband. Depeche Mode spielen sich auf ihrem 15. Studioalbum frei von Erwartungen und Konventionen; schauen in die Vergangenheit („People are Good“), aufs Hier und Jetzt („My Favourite Stranger“) und erzählen, wie sich das anfühlt, wenn ein Trio plötzlich als Duo weitermachen muss („My Cosmos is Mine“). Im großen Synthie-Pop-Spannungsbogen (zu hören im famosen Song „Caroline’s Monkey“) funktioniert der Versuch, einerseits die Bandtragödie zu verarbeiten, andererseits ein stadiontaugliches und tanzbares Album zu schreiben, allerdings nur mittelgut. Zu viel Pathos, zu plakative Lyrics und Reminiszenzen an längst vergangene Zeiten wabern hier durch die zwölf neuen Songs. Schlimm ist das nicht. Denn Depeche Mode erzählen auf „Memento Mori“ nicht nur vom Sterben, sondern vor allem vom Leben, das sich ständig neu erfindet, über die Stränge schlägt und eben nicht immer die richtigen Worte findet.
Ihre ausgedehnte Welttournee wird die Band heuer auch nach Österreich führen. Am 21. Juli gastieren Gahan und Gore – und der Geist von Andrew Fletcher – im Klagenfurter Wörthersee-Stadion. Das Ende ist hier nur ein Anfang.
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