Der profil-Fragebogen mit ... Eva Menasse
Ein spontaner Gedanke beim Stichwort "Zukunft". Für meinen Sohn, der fast 18 ist, sieht sie vermutlich genauso interessant, unberechenbar und herausfordernd aus wie für mich damals in seinem Alter. Jedenfalls gibt es sie! Jeder lebt in seiner Zeit, unveränderlich.
Was wird der Sinn des Lebens anno 2024 sein? Sich auf die guten Nachrichten zu besinnen, die es, zum Beispiel im Bereich der grünen Technologie, tatsächlich gibt. Und dann: Umsetzen!
Eine Sünde, die das Leben verbessert. Weißwein oder Gin Tonic, alles in Maßen und mit guten Freunden genossen. Dann ist es zwar keine Sünde mehr, verbessert aber ganz bestimmt das Leben.
Wovor ich Angst habe. Vor der verbohrten Unversöhnlichkeit und dem egoistischen Extremismus in Gesellschaftsschichten, die sich das qua Reichtum, Sicherheit und Privilegien einfach nicht leisten dürfen.
Ein Reisetipp (plus Begründung, warum der CO2-Abdruck in dem Fall gerechtfertigt ist). Ein bisschen Reisen mit dem Zug ist immer gerechtfertigt. Ich fahre im Sommer nach Bad Ischl, das geht von Berlin aus in sieben Stunden, da kann man viel lesen.
Ein Geheimnis, das niemand kennt. Werde ich hier doch nicht bekannt geben.
Ein Verbesserungsvorschlag. Für Tagesmedien, aber auch Social-Media-Junkies: Einmal in der Woche einen unpolemischen Tag einhalten.
Akzeptieren oder Streiten? Akzeptieren! Und einfach in die andere Richtung drehen. Das meiste, was so geäußert wird, ist für alle anderen nämlich nur Kann, nicht Muss.
Das Allergescheiteste wäre: Social Media global für eine Woche abdrehen. Durchatmen für alle. Die Welt sähe danach wieder fast neu aus.
Mein Held/meine Heldin (warum?): All die kleinen und größeren israelischen NGOs wie Bereaved Parents Forum, Machsom Watch, B'Tselem, Yesh Din. Weil deren Aktivisten in einer scheinbar aussichtslosen Lage nicht aufgeben und einen hohen persönlichen Preis zahlen. Mein ganz persönlicher Held ist (der im Hauptberuf übrigens weltberühmte Indologe) David Shulman, der Ta'ayush gegründet hat und für dessen eindringliches Buch "Freedom and Despair" wir bisher einfach keinen deutschsprachigen Verlag interessieren konnten. Verleger: Prüft dieses Buch! Journalisten: Schreibt Porträts über David und seine Arbeit! Das wäre ein wirklich sinnvoller Vorsatz für das neue Jahr.
Eva Menasse, 53
Autorin ("Vienna", "Dunkelblum") und Sprecherin der von ihr mitbegründeten Schriftsteller:innenvereinigung PEN Berlin; ausgezeichnet u. a. mit dem Heinrich-Böll-Preis, dem Österreichischen Buchpreis und dem Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch; veröffentlichte heuer bei Kiepenheuer& Witsch den Essay "Alles und nichts sagen. Vom Zustand der Debatte in der Digitalmoderne".