Die drei ???: "Je öfter wir uns verlesen, desto mehr Applaus bekommen wir"
profil: Herr Fröhlich, kürzlich ist das 203. Abenteuer „Tauchgang ins Ungewisse“ erschienen. Wie viel Magie ist nach 40 Jahren „Die drei ???“ noch dabei? Andreas Fröhlich: Der magische Moment lässt nach so vielen Geschichten natürlich etwas nach. Das Schöne ist, dass bei den Aufnahmen ein Ritual stattfindet – Jens Wawrczeck sitzt links von mir, Oliver Rohrbeck sitzt immer gegenüber. Wir verwandeln uns automatisch in 19- oder 20-jährige Amerikaner, die seit gefühlten 40 Jahren Sommerferien haben und von einem Abenteuer ins nächste stürzen.
profil: Mit 54 Jahren sprechen Sie noch immer den jugendlichen Detektiv Bob Andrews. Wie funktioniert das? Fröhlich: Die Stimmen verstellen wir nicht. Nach so vielen Jahren schlüpfen wir automatisch in die Rollen und wissen, wie die zu klingen haben. Den Rest macht die Spielfreude, die automatisch kommt, wenn wir den Text vor der Nase haben. Wir haben zudem das Glück, dass wir stimmlich nicht so gealtert sind. In einem Hörspiel kann man auch mehr behaupten, als wenn wir jetzt eine Fernsehshow machen würden.
profil: Hören Sie sich die fertigen Hörspiele noch an? Fröhlich: Das habe ich mir abgewöhnt, genießen kann ich es nicht. Wenn ich „Die drei ???“ mal höre, dann eher zufällig durch meine Tochter.
profil: Sind Sie selbstkritisch? Fröhlich: Ja, das auch – und das möchte man ja nicht. Ständig diese Fragen: Hätte ich den Satz nicht ganz anders betonen sollen? Interessant ist, dass Szenen, in denen man sich bei der Aufnahme wohlgefühlt hat, dann doch nicht so perfekt klingen. Auch Filme, die ich synchronisiert habe, schaue ich mir mittlerweile lieber im Originalton an. Meine Stimme würde mich zu sehr ablenken. Ich bin ja kein Fan meiner eigenen Stimme – das wäre ja furchtbar, wenn ich so selbstverliebt arbeiten würde.
profil: Gibt es Parallelen zwischen der Figur und dem Sprecher? Fröhlich: Das kann ich nicht sagen, ich bin ja nicht Bob Andrews, ich bin nur der stimmliche Interpret. Bob hat eine Eigenschaft, die ich sehr schätze, er nimmt in dieser Dreierkonstellation die Rolle des Vermittlers und Mediators ein.
Früher habe ich bei Fehlern ständig Bleistifte zerbrochen, und wenn die mal aus waren, brauchte ich etwas anderes, um mich abzureagieren.
profil: Brauchen Sie bei den Aufnahmen auch öfter einen Mediator? Fröhlich: Ehrlich gesagt, nein. Wir kennen uns so lange und sind sehr gut befreundet. Man darf nicht vergessen, wir sind keine Band, wir sind nicht die Stones, Beatles oder Bee Gees des Hörspiels und müssen daher auch nicht ständig gemeinsam im Studio hocken. Da hätten wir uns sicher schon öfter in die Haare bekommen.
profil: Ans Schlussmachen dachten Sie noch nie? Fröhlich: Nein. Solange es Geschichten gibt, die spannend sind, machen wir weiter. Natürlich gibt es auch Folgen, die richtig dämlich sind, aber so kleine Aussetzer gibt es ja bei jeder Produktion. Hinzu kommt: Die Hörer müssen uns die jugendlichen Charaktere stimmlich abnehmen. Solange man uns nicht das Rentenalter anhört, ist alles gut.
profil: Als Stimme von Bob Andrews sind Sie Teil einer kollektiven Jugenderinnerung. Ist das Segen oder Fluch? Fröhlich: Als Fluch empfinde ich das gar nicht. Erkannt werde ich aber eher für meine Synchronstimme für Edward Norton oder John Cusack. Das Schöne ist ja: Wenn ich meinen Mund nicht aufmache, bleibe ich unerkannt.
profil: Tut man sich als Synchronstimme mit manchen Schauspielern leichter als mit anderen? Fröhlich: Das kommt sehr stark auf die Rolle an. Jeder Schauspieler hat zudem seine Eigenarten. Ich mag John Cusack sehr gerne, weil er einen Humor hat, mit dem ich mich sehr gut identifizieren kann. Edward Norton ist aber der bessere Schauspieler.
Der wahre Star des Abends ist der Geräuschemacher, der auf verrückteste Arten die Geräusche produziert.
profil: Seit 2002 treten Sie mit Ihren Kollegen Oliver Rohrbeck und Jens Wawrczeck auch live auf. Wie funktioniert das? Fröhlich: Ich selbst versteh mich nicht als Schauspieler, sondern als Hörspieler – also als einen unsichtbaren Künstler. Bei so einem Livespiel, wenn wir mit großem Gerät auffahren, hat das schon Showcharakter. Das ist wie bei einer Rockband. Der wahre Star des Abends ist der Geräuschemacher, der auf verrückteste Arten die Geräusche produziert. Auch da gehen Sachen schief, wir fordern ihn aber auch richtig heraus – und da lebt das Ganze natürlich. Je öfter wir uns verlesen, desto mehr Applaus bekommen wir.
profil: Ärgern Sie sich noch, wenn Sie sich verlesen? Fröhlich: Ja, das bringt mich immer noch in Rage, obwohl ich schon viel ruhiger geworden bin. Früher habe ich bei Fehlern ständig Bleistifte zerbrochen, und wenn die mal aus waren, brauchte ich etwas anderes, um mich abzureagieren. Das Studio hat mir dann schon extra Bleistifte auf die Seite gelegt. Natürlich ist das albern, aber ich versuche den Text ja nicht nur zu lesen, sondern zu interpretieren. Ich habe definitiv Schweißperlen auf der Stirne, wenn ich Texte interpretiere – und das muss auch so sein.
profil: Gibt es Texte, die Sie unbedingt einmal lesen möchten? Fröhlich: Thomas Bernhard gehört definitiv dazu. Die Frage ist nur, wie liest man Bernhard richtig? Heute weiß ich es: Man liest ihn atemlos. Das habe ich mir bei einer Lesung von Peter Fitz abgeschaut. Bernhard litt ja Zeit seines Lebens an einer Lungenerkrankung – und genau so sind auch seine Texte geschrieben.
Interview: Philip Dulle
Am 23. gastieren "Die drei ???" mit "Der dunkle Taipan" live im Wiener Konzerthaus.