Wut ist wichtig: „Trans Agenda Dynastie“ von Kerosin95
In Subkultur und Popmusik geht es immer wieder um Abgrenzung – von anderen Genres, Bands und Stilen. Wer gehört dazu, wer ist Teil der Clique, und wer sagt überhaupt, was gerade gehört wird? Im Fall des postfeministischen und queeren Hip-Hops von Kerosin95 gehört diese Ellenbogen-Technik zum guten Ton. „Trans Agenda Dynastie“, die aktuelle Songsammlung, ist eine Abrechnung mit Heteronormativität und Geschlechterklischees und teilt genüsslich in alle Richtungen aus. „Hast du ein Problem? Da drüben ist die Tür“, heißt es folgerichtig im Song „Bullshit Bingo 1.0“. Kerosin95 sagt ganz klar, dass für übergriffige Cis-Männer auf dieser Party kein Platz sei: „Kommentiert meine Haare / Sagt, er kennt meine Band / Prahlt mit ganz großen Fragen / Ist viel zu präsent“.
Kerosin95, bürgerlich Kem Kolleritsch, ist in der österreichischen Poplandschaft als Teil der Indierockband My Ugly Clementine gut verankert, in der auch die Singer-Songwriterin Mira Lu Kovacs (5K HD, Schmieds Puls) mitwirkt. 2021 veröffentlichte Kerosin95 das Debüt „Volume 1“ – und es schlug ein, musikalisch wie im Diskurs. Derart geradeheraus performte Queerness und Agenda („Wir sind keine ausgedachte Dunkelziffer“ heißt es im Song „Trans Agenda Dynastie“) entsprechen treffsicher dem woken Zeitgeist.
Kerosin95 ist zwischen klassischen Hip-Hop-Tracks („Puppy“), Auto-Tune-Liebesliedern („4ever“) und wütenden Punchlines provokant genug, um das konservative Feuilleton aufzuwirbeln und für Verwirrung zu sorgen.
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