donaufestival: Start mit musikalischer Umkehr und "100 Big Entrances"
Denn wie schon in den vergangenen Jahren gefällt sich der Konzert-, Performance- und Ausstellungsreigen unter der künstlerischen Leitung von Tomas Zierhofer-Kin als oft herausfordernde Konfrontation mit Ungewöhnlichem. So stehen heuer an zwei Wochenenden (bis 2. Mai) in der idyllischen Gemeinde an der Donau gleichermaßen persönliche wie global vernetzte Kriegsgeschichten am Programm, wenn das Rimini Protokoll jeweils 20 Besucher durch die "Situation Rooms" führt, oder dürfen von Michael Portnoy nicht weniger als "100 Big Entrances" erwartet werden (erstes Wochenende).
Reverend und Sterne
Kapitalismuskritisch wird es bei Reverend Billy, der am 24. April mit seinem Stop Shopping Choir zwischen musikalischer Darbietung und Performance oszillieren wird und in dem US-Unternehmen Monsanto den Teufel vermutet. Inhaltlich ähnlich gelagert sind auch Claudia Bosse und das theatercombinat, die "A First Step To Ideal Paradise" zur Uraufführung bringen werden: Auf Basis etlicher Interviews wird sich die Künstlerin und Regisseurin mit ihrem Team "Ritualen und politischem Denken" widmen, alternative Handlungsanordnungen und Gesellschaften zur Disposition stellen und letztlich das Publikum selbst als Akteure in den Mittelpunkt rücken.
Musikalisch werden zum wiederholten Male verschiedenste Vertreter der elektronischen Avantgarde in Krems aufschlagen: Atmosphärisch dichte Klänge mit optischem Aufputz servieren etwa die Doppel aus Ben Frost und MFO (24. April) sowie Arca und Jesse Kanda (1. Mai). Das kanadische Kollektiv Godspeed You! Black Emperor bringt sein neues Album "Asunder, Sweet and Other Distress" mit (26. April) und Autechre, Holly Herndon sowie Clark loten am Abschlusstag die Schnittmenge von zugänglicher und sperriger Electronica aus. Bedeutend luftiger dürften dagegen die Auftritte der Singer-Songwriter Grouper (25. April) und Scott Matthew (1. Mai) gelingen.
Ebenfalls zu sehen ist das selten live zu erlebende Duo "Stars of the Lid", das am 24. April mit einem Spezialprojekt in der Minoritenkirche auftreten wird: Einer eigens für das Festival erarbeiteten Kooperation mit einem österreichischen Streicher- und Bläserensemble.
Komplettiert wird das Festivalprogramm von bildenden Arbeiten und etlichen Installationen, wobei u.a. im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Kunsthalle die dortige Pipilotti-Rist-Retrospektive als Interaktionsfläche genutzt wird. So sind hier Performances von Hans Platzgumer, der sein neues Album "Miniaturen" vorstellen wird, und Eugenie Rebetz zu erwarten. Die "Primitive Komplexität" verortet Zimoun im Kapitelsaal des Klangraum, während im Schauraum 35/nullnull Arbeiten von Bernhard Garnicnig, Albert Allgaier, Lukas Heistinger, Alfred Lenz und Salvatore Viviano zu sehen sind. Gleich ein ganzes Schiff stellt Rainer Prohaska im Rahmen von "Cargo" am Messegelände auf, und Bernhard Hammer versucht sich mit "The Upper Classroom" im Arkadenhof der Minoritenkirche an einer "theatralen Raum- und Audioinstallation zur Eliten-Bildung im Spätkapitalismus".