Reportage

Dreiband-Karambol mit Georg Friedrich an der Türkischen Riviera

Georg Friedrich, Österreichs wildester Schauspieler, liebt den Präzisionssport Billard. Nun will er, gemeinsam mit dem Autor Michael Grimm, diese Passion auch filmisch bearbeiten. Zur Recherche reiste das Duo zur Karambolage-Europameisterschaft in Antalya. profil begleitete die beiden.

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Die Mizzi hat er dann doch angebracht, allerdings knapp. Noch einen Tag vor seinem geplanten Abflug nach Antalya teilt Georg Friedrich via WhatsApp mit, dass er sich sehr auf die Reise freue, aber leider bislang niemanden gefunden habe, der seinen Hund fünf Tage lang übernehmen würde. Eine Tierpension könne er der Mizzi „nicht antun“, schreibt er, das würde sie zutiefst verwirren. Im schlimmsten Fall nähme er sie „eben mit“ in die Türkei.

Die Mizzi, das ist ein junger American Hairless Terrier, eine graue, per Gendefekt haarlos gezüchtete Jagdhundedame, sieben Kilo schwer, zwar nicht übermäßig groß also, aber auch nicht verschwindend klein; sie ohne Weiteres auf eine dreistündige Flugreise mitzunehmen und anschließend alle Wege, die auch durch die Schauplätze einer Europameisterschaft in einem türkischen Luxushotel führen sollten, mit ihr zu absolvieren, wäre vermutlich schwierig geworden. Friedrichs Vater erbarmte sich schließlich des Tiers.

Wer in den letzten anderthalb Jahren eine persönliche Begegnung mit dem Schauspieler Georg Friedrich hatte, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Mizzi schon kennengelernt haben. Er trägt seinen Hund bisweilen um den Hals wie eine Stola, und ins Innere der meisten Kinos gelangt er mit ihr inzwischen problemlos. Sollten Sie demnächst bei einer Filmpremiere gelegentliches leises Bellen aus den hinteren Reihen vernehmen, können Sie davon ausgehen, dass sich Friedrich und sein Haustier im Saal befinden.

Nach der Saison ist vor der Saison

Die türkische Kleinstadt Belek, eines der Touristenzentren der Provinz Antalya, rund 30 Kilometer östlich der gleichnamigen Stadt gelegen, liegt an diesem Aprilmorgen fast ausgestorben da; die Geschäftsinhaber locken, der Ferienspaß könnte beginnen, aber das touristische Leben ruht. Die weiten Plätze bleiben menschenleer, die Lokale mit Anwohnern schütter besetzt, nur auf den Textilmarkt haben sich ein Dutzend Urlaubsgäste verirrt.

Nach Antalya ist Georg Friedrich, 56, gekommen, um ein prominent besetztes Billardturnier, die Karambolage-Europameisterschaften 2023, zu besuchen und dort insbesondere die Dreibandspiele zu verfolgen. Denn in der mit drei Kugeln zu spielenden Billard-Königsdisziplin, bei der die Spielkugel die beiden anderen zu berühren hat – wobei zwischen erstem und zweitem Zusammenstoß mindestens drei Kollisionen mit den gummierten Innengrenzen des Tisches stattfinden müssen –, versucht er selbst sich seit Langem leidenschaftlich gern. Seit drei Jahren spielt Friedrich sogar semiprofessionell, in der zweiten Bundesliga („aber schlecht“, wie er einräumt; der eine Stoß, den er später an einem freien Tisch doch wagen wird, deutet anderes an). Friedrich betreibt diesen Sport mit spürbarer Ambition, Weltmeister wolle er irgendwann noch werden, grinst er, und natürlich meint er das nicht ernst; aber in der Aussage schwingt eine Sehnsucht mit, die greifbar ist. Österreichs Oberliga werde er definitiv erreichen, sagt er später, und diesmal klingt er derart überzeugt, dass an jenem Vorhaben nicht zu zweifeln ist.

An Georg Friedrichs Seite: der Oberösterreicher Michael Grimm, 61, dessen Filmkarriere nach einem Achtungserfolg („Slidin“ – Alles bunt und wunderbar“, 1998) und zwei Regiearbeiten, die er selbst als missglückt empfindet („Auf Wolke 7“ und „Küss mich, Prinzessin“), 2005 abrupt zum Stillstand kam. Grimm hatte sich mit seinem Drehbuchautor und seinen Produzenten zerkracht, er verlegte sich aufs Schreiben, machte ein bisschen Theater und verdingte sich drei Jahre lang als Limousinenchauffeur; er kutschierte saudische Kronprinzen, deren Bodyguards und Familien durch Wien, fuhr Auto-Fernzustellungen zwischen Paris und Wien. Irgendwann ging ihm das Fahren so sehr auf die Nerven, dass er beschloss, seine Existenzängste zu überwinden, lieber Drehbücher zu schreiben und verwegene Filmprojekte zu schmieden, als auf finanzielle Stabilität zu setzen.

Auch Michael Grimm ist sportaffin. Mit 14 war er oberösterreichischer Jugendlandesmeister der Schüler im Geräteturnen, als junger Erwachsener ein talentierter Sprinter und Weitsprung-Leichtathlet. Heute liegt ihm das Schreiben näher. Die finstersten Stilisten des US-Kriminalromans, Charles Willeford und Jim Thompson, sind seine Heroen. Im Feld des Neo-Noir ist er selbst aktiv: „Stirb, Ratte, stirb“ heißt sein im Tatto Verlag 2016 veröffentlichter erster Roman.

Nun will er zurück in die Filmbranche. Gemeinsam planen Grimm und Friedrich ein „Herzensprojekt“, für das zu recherchieren sie angereist sind. Einen jungen deutschen Produzenten, Gregor Sauter, konnten sie bereits für sich gewinnen, mit ihm entwickeln sie jenes detaillierte Treatment, das Grimm dazu verfasst hat, dieser Tage weiter. Um Dreiband-Karambol soll es gehen, aber auch um Korruption, Liebe, Geschwindigkeit und Gewalt. Beim ersten Treffen gleich, vor zwei Monaten – man hatte sich am Netflix-Empfang bei der Berlinale verabredet –, hat Sauter angeregt, den für einen Spielfilm angelegten Stoff doch als Serie aufzubereiten, nach Vorbild des Welterfolgs der Schach-Miniserie „The Queen’s Gambit“.

Everybody’s Darling

Die beiden Türkei-Reisenden aus Wien pflegen einen subkulturellen Style. Grimms blondes Haupthaar ist seitlich rasiert, oben wirbelt es durcheinander, seine Augen hinter einer überdimensionierten Sonnenbrille verschattet; Friedrich trägt Irokesenfrisur und einen weißen Flesh Tunnel im Ohr, dazu Camouflage-Westen und baggy trousers mit Seitenkette. Ein wenig sieht er aus wie eine ältere Version jenes sich gefährlich radikalisierenden Sonderlings, den der junge Robert De Niro 1976 in Martin Scorseses „Taxi Driver“ gespielt hat. Georg Friedrich ist allerdings kein Soziopath, sondern ein in sich ruhender, eher wortkarger Nonkonformist, auf dessen künstlerische Unberechenbarkeit sogar der strenge Michael Haneke schwört, der Friedrich in vier Kinofilmen besetzt hat.

Durch seine Hauptrolle in Ulrich Seidls „Hundstage“ nahm Friedrichs internationale Karriere aber erst 2001 Fahrt auf. Damals war er Mitte 30. Danach avancierte er, womit niemand rechnen konnte, zu everybody’s darling, spielte in Filmen von Michael Glawogger, Pia Marais, Alexander Sokurow und auch an der Berliner Volksbühne unter Frank Castorf tragende Rollen. 110 Filmrollen hat Georg Friedrich seit den 1980er-Jahren absolviert. In der deutschen Historien-Persiflage „Sisi und ich“ ist er derzeit, entschieden over the top, im Kino zu sehen. Als tragische Hauptfigur bewegt er sich dagegen durch „Sparta“, Ulrich Seidls jüngsten Film, der im vergangenen Herbst erregt debattiert wurde und demnächst Österreichs Kinos erreichen wird. In jenem Pädophiliedrama demonstriert Georg Friedrich erneut seine immense Fähigkeit, Charaktere abgrundtief zu durchleuchten. Derzeit habe er filmisch nichts vor, sagt er, praktisch alle Angebote schlage er aus. Konstante Selbstironie („Ich bin schon in Pension“) ist Teil seines Wesens. Das Theater interessiert ihn seit dem Abgang des deutschen Regisseurs Frank Castorf nur noch am Rande, eine kleine Wohnung in Berlin hat er sich jedoch bewahrt.

Kein Staubkorn darf die Kugel hemmen

Bei ihrer Ankunft in Belek werden Friedrich und Grimm spätabends gleich Opfer eines gängigen Betrugs: Das Billig-Apartment, das die beiden über eine wenig seriöse Tourismusplattform reserviert haben, erweist sich als unauffindbar, der Vermieter als unerreichbar; das fällige Geld wird ihnen natürlich trotzdem abgebucht. Sie bleiben gelassen und improvisieren, finden ein günstiges Hotel, ein paar Hundert Meter vom Pine Beach Resort, wo die Karambolage-EM stattfindet, entfernt: „Eine Perle von einer Unterkunft“, schwärmt Friedrich sarkastisch. Im leicht heruntergekommenen Hof des Gözde Butik Otel schimmert immerhin ein kleiner Pool, das Frühstück ist in Ordnung, nur die Matratzen sind ein Problem für angeschlagene Rücken.

Im großen Veranstaltungssaal des Pine Beach Hotels stehen nach einer Woche der Karambol-Wettkämpfe, bei denen es auch eine Silbermedaille für den Österreicher Nikolaus Kogelbauer in der Dreiband-Junior-Kategorie gab, die finalen Matches an. Im Endspiel der Herren tritt der Italiener Marco Zanetti (blaue Weste, weißes Hemd und Fliege) gegen den Türken Berkay Karakurt an, der ganz in Schwarz spielt. Theatralisch taxiert der Italiener die jeweilige Konstellation der Kugeln, blickt skeptisch, mit großem Mienenspiel auf den Tisch. Das Spiel läuft hoch konzentriert ab, es herrscht eine gedämpfte Atmosphäre; applaudiert wird nur in Ausnahmefällen, man schnippt bloß leise, wenn man Anerkennung zeigen will. Rund 150 Menschen sitzen auf den Tribünen rings um die 20 Billardtische.

Gespannt verfolgt Georg Friedrich das Gipfeltreffen, springt auf, wenn ein Stoß spektakulär gelingt. Mehrmals pro Spiel werden die Kugeln mit einem Tuch gereinigt, um ihre Dynamik durch kein Staubkorn zu hemmen. In der Hotellobby besorgt sich der Schauspieler seinen dritten türkischen Tee und bereitet eine weitere seiner selbstgedrehten Menthol-Zigaretten vor, die er in kaum je unterbrochener Arbeit mit einer kleinen Plastikstopfmaschine herstellt. Routiniert klemmt er sich, ohne den Blick vom Spielgeschehen zu nehmen, die Zigarette hinters Ohr, um sie in einer der vielen Rauchpausen zu konsumieren.

Verfeindete Verbände

Die Confédération Européenne de Billard (CEB), Europas Dachverband des Billardsports, ist der Union Mondiale de Billard (UMB) angegliedert. Zur stärksten Billardnation der Welt hat sich in den vergangenen 30 Jahren jedoch Südkorea entwickelt. Dreiband-Karambolage ist dort Volkssport. Die PBA (Professional Billiards Association) wurde erst 2019 gegründet. Südkorea gehört zu den Ländern mit der größten Billardhallendichte der Welt, hat angeblich rund zehn Millionen aktive Spieler (das wäre jeder fünfte Mensch in Südkorea), davon seien 1,2 Millionen täglich in etwa 2000 Billardhallen im Land zugange. Ergebnis: eine viel höhere Dichte an Turnieren und extrem hohe Preisgelder; bis zu 360.000 US-Dollar kann man in Korea bei Meisterschaften gewinnen. Zum Vergleich: Der Sieger der EM in Antalya lukrierte gerade 8000 Euro. Die Verbände sind solcher Schieflagen wegen verfeindet: Die UMB verhängt inzwischen ein- bis dreijährige Spielersperren für all jene, die an koreanischen Turnieren teilnehmen.

Grimm, Grissemann, Friedrich (v. li.)

In Korea seien die Superstars in ihren Zwanzigern, erzählt Grimm. „Da spielen zum Teil Achtjährige schon auf einem sensationellen Level.“ Das Land sei kaum größer als Ungarn – und habe 20.000 eingetragene Billardclubs, meint Friedrich: „In Europa geben die Topleute ihr Wissen traditionell nicht weiter, behalten es für sich wie einen geheimen Schatz. In Korea teilt man sein Wissen. So können auch ganz junge Spieler schnell Karriere machen.“ In Europa sei Dreiband „nerdiger“, meint auch Gregor Sauter, „in der Wahrnehmung eher ein Feld für ältere Herren“.

Das Duell zwischen Zanetti und Karakurt gestaltet sich spannend, es besitzt selbst Filmlänge, wird am Ende gute zwei Stunden in Anspruch genommen haben. Friedrich kennt hier bereits etliche der umherstreifenden Billardfunktionäre, grüßt sie im Vorbeigehen lächelnd mit einem sanften Stoß der Faust. Kurz nach 14 Uhr steht der Sieger fest: Marco Zanetti holt sich, sehr knapp, seinen dritten Dreiband-EM-Titel. Friedrich schüttelt ihm die Hand, zollt ihm tief empfundene Anerkennung.

„In Richtung Gentleman“

Ihren Anfang nahm Grimms und Friedrichs Reise in Cannes, im Mai 2021, Friedrich war damals, als Star des Gefängnisdramas „Große Freiheit“, Gast des Festivals. Irgendwann fragte ihn eine junge Produktionsstudentin, ob es eine Rolle gäbe, die er unbedingt noch spielen wollte. Zuerst fiel ihm nichts ein, dann aber kam ihm doch jene Figur in den Sinn, die so nah am realen Georg Friedrich ist: ein Dreiband-Profi – „obwohl mich Sportfilme sonst eigentlich gar nicht interessieren“. Wenige Monate später, während der Dreharbeiten zu der deutschen Kleinkriminellen-Comedy „Buba“, in der Friedrich neben Bjarne Mädel die Hauptrolle spielte, nahm die Idee Form an. Michael Grimm arbeitete für die Netflix-Produktion als Chauffeur und Hundesitter. Georg Friedrich, seit über 30 Jahren mit ihm befreundet, vertraute ihm seine Vision eines Billard-Thrillers an. Grimm begann nachzudenken – und zu schreiben.

Die Figur, die Friedrich spielen soll, sieht er bereits konkret vor sich: Sein Buch drehe sich um einen Billard-Spieler, „der das Image des ewigen Zweiten hat. Als die WM in Deutschland beginnt, sieht es so aus, als könnte er sie gewinnen. Doch dann kommt etwas dazwischen“. Der Stoff birgt Gefahren: Die Top-Player im Dreiband-Karambol sind „augenscheinlich oft etwas öde Typen“, bemerkt Friedrich. „Obwohl sie alle interessant, spannende Charaktere sind, jeder Einzelne. Die Herausforderung, aus einem scheinbar langweiligen Sportler etwas Spannendes herauszuholen, Einblicke in seine Psyche zu vermitteln, ist also groß.“

Strandzone des Pine Beach Hotel in Belek

Es erscheint schwer vorstellbar, dass Georg Friedrich eine äußerlich sehr angepasste Figur spielen wird. Doch, sagt er. „Ich will einen extrem sportlichen, zugleich distinguierten Typen darstellen, eher in Richtung Gentleman.“ Etwas „total Gegensätzliches“ zu den Rollen, die Friedrich üblicherweise spiele, soll da entstehen, meint auch Grimm. Ein Michael Caine, wie er im Kino der 1970er-Jahre aufschien, ist ihm Vorbild. „Auch was dessen Charme und Witz betrifft. Ich kenne privat sehr viele Facetten von Georg, die ich so noch nicht von ihm im Film gesehen habe.“

Man finde in der Recherche sehr wenig Material, stellt Grimm fest, nur Basisinfos zu den besten Spielern. Wenig Persönliches, keine Skandale. Tatsächlich lassen sich Billardfilme an einer Hand abzählen: Robert Rossens „The Hustler“ (1961), Martin Scorseses Remake „The Color of Money“ (1986), und selbst Kitty Kinos feministisches Wiener Pool-Drama „Karambolage“ liegt 40 Jahre zurück. Aber in den Gesprächen, die er in Antalya mit Spielern und Funktionären geführt habe, meint Grimm, seien inspirierende Details zu erfahren gewesen: In der Spaltung der Verbände etwa gehe es um sehr viel Geld, um Übertragungsrechte und Spielergagen, „und es beeinflusst die Karriere eines Spielers, je nachdem, für welchen Verband er sich entscheidet.“

Der Glanz in den Augen

Friedrich hat einiges gelernt in Antalya: „Ich konnte die Körpersprache der Spieler präzise studieren. Es ist wahnsinnig interessant, zu sehen, wie sie zum Tisch gehen, was sie tun, wenn sie einen Stoß verhauen, wie sie anschließend dasitzen, und jeder macht das alles ein bisschen anders.“ Auch Michael Grimm möchte etwas erzählen, das „real möglich wäre“. Fiktionalen „Blödsinn zu verzapfen“, darauf hat er keine Lust.

Jetzt gehe es erst einmal darum, das Projekt verkaufbar zu machen, Geld für die Drehbuchentwicklung zu sichern. „Wir planen tatsächlich, auch Originalspieler zu involvieren. Das könnte aufgehen“, sagt er noch. „Da gibt es eine große Bereitschaft mitzumachen.“ Und Friedrich träumt: „Wir könnten eine WM inszenieren, in der reale Spitzenspieler auftreten.“ Das gäbe ihm die Chance, gegen Leute wie Zanetti zu spielen. Der Glanz in seinen Augen ist unübersehbar.

Wenn alles gut gehe, könnte das Projekt Ende 2024 drehbereit sein, schätzt Produzent Gregor Sauter. 2023 sei erst einmal für die Stoffentwicklung reserviert und für Pitching-Gespräche mit Streamern und Koproduktionsfirmen. Als Serie mit 45-minütigen Episoden, acht bis zehn Folgen pro Staffel, sähe er den Stoff am besten aufgehoben. „Eine Serie, die in diesem Dreiband-Kosmos spielt, hätte auch das Ziel, Georg Friedrich eine Rolle mit erhöhtem Sympathiefaktor zu verschaffen. Oft spielt er ja die schrägen, spezielleren Typen. Diesmal könnte seine Figur ein wenig zugänglicher sein.“

Gegrillter Hai im Ganzen

Ehe es zum Flughafen geht, schreitet man anderntags noch die sich aufheizende historische Altstadt in Antalya ab. Respektlosigkeit unter Freunden ist hier selbstverständlich: Wenn sich Friedrich aufgehalten sieht oder einen anderen Weg einschlagen will, beordert er den vorauseilenden Grimm immer wieder per hochfrequentem Pfiff zurück, was dieser kommentarlos hinnimmt wie ein lange eingeübtes Ritual.

Um sich mit einem schnellen Kaffee zu erfrischen, nehmen die beiden mittags in einem teuren, in die Klippen des alten Hafens gebauten Restaurant Platz, an einem privilegierten Schattentisch mit Blick auf das azurblaue Meer. Weiß livrierte Kellner eilen herbei, decken den Tisch, schenken Wasser aus, in Erwartung einer größeren Bestellung. Ob sie einen im Ganzen gegrillten Hai servieren könnten, fragt Georg Friedrich die Kellner schließlich mit bedeutungsvollem Gesicht. Nein? Dann nehme er lediglich einen schwarzen Kaffee. Das Personal nimmt den Witz freundlich lächelnd entgegen, bringt dennoch zur Sicherheit eine Platte mit eisgekühltem Fischangebot zur geneigten Ansicht; der Versuch scheitert, es bleibt beim Kaffee.

Das Lied des Muezzin dringt durch die Gassen der Altstadt. Unten im Hafen legen voll besetzte Ausflugsboote ab, ein anderes kehrt leer zurück. Wie das? „Gut, dass wir uns gegen die Bootstour entschieden haben“, scherzt Georg Friedrich noch, seltsamerweise habe er gerade jede Lust auf eine solche Ausfahrt verloren.

Seine Träume gehen schon in andere Richtungen, viel weiter in die Welt hinaus. In New York City finde im Sommer eine Dreiband-WM statt – „sollten wir da nicht hinfahren?“ Er kenne dort jemanden, bei dem man „ziemlich sicher“ wohnen könnte, antwortet Michael Grimm. Die Improvisation geht weiter. Die Mizzi wird schon mitmachen.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.