Drozda: "Wider die wirtschaftliche Vernunft"
In kulturpolitischen Belangen ist sie, obwohl sie bei den Grünen in den letzten 25 Jahren viel bewegt hat, bislang eher unauffällig geblieben. Wenn Ulrike Lunacek nun also als Staatssekretärin für Kunst und Kultur ihr Polit-Comeback feiert und dem Vizekanzler, der formal als Kulturminister fungieren wird, mit Fachwissen zur Seite stehen soll, wird es spannend: Wie werden Kogler und Lunacek im Detail zusammenarbeiten? Werden sie die vielen offenen Fragen gemeinsam bearbeiten? Und wie? Aus dem Regierungsprogramm geht dazu, wie gewohnt, nicht viel mehr hervor als das Übliche: Kultur stärken, sozial denken, Erbe sichern, Zeitgenössisches hegen. Immerhin will man nun mit der lange angedachten Holding für die Bundesmuseen Ernst machen.
An Zurufen wird es den grünen Kulturverantwortlichen nicht mangeln. Neben dem Chor der Kulturschaffenden, die dringend nötige kulturelle Weichenstellungen einmahnen, werden sich wohl auch Oppositionspolitiker wie Thomas Drozda verstärkt zu Wort melden. Der Kultur- und Mediensprecher der SPÖ, der zwischen Mitte 2016 und Ende 2017 selbst Kulturminister war, hat im Gespräch mit profil, das bereits im Vorfeld der Regierungsbildung stattgefunden hat, etwa die Valorisierung des Kulturbudgets, eine sinnvolle Museumsreform und strenge Fair-Pay-Maßnahmen eingefordert. Die Anpassung des Budgets an die steigenden Kosten sei die Voraussetzung jener Planungssicherheit, die Kulturinstitutionen benötigen, sagt Drozda: Da gehe es um 10 bis 15 Millionen Euro. Gemessen am 80-Milliarden-Jahresetat der Republik sei das „lächerlich“. Das Finanzministerium stehe allerdings „immer auf der Bremse – nicht um sich partout ein paar Millionen zu sparen, sondern wegen der Signalwirkung. Wenn Kunst und Kultur valorisiert werden, warum dann nicht auch das Bildungsressort? Aber der alte Spruch gilt: Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Wenn man die vielbeschworene Kulturnation also tatsächlich in Zahlen gießen will, muss man das auch tun. Die Gussform liegt bereit."
Wer Subventionen empfange, so Drozda weiter, müsse auch „nachweisen können, dass die Beschäftigungsverhältnisse in dem jeweiligen Betrieb angemessen und gesetzeskonform sind“. Fair Pay müsse man „von oben und unten betrachten: Die Gehälter ganz oben haben wir ja schon begrenzt. Der Staatsoperndirektor wird maximal 250.000 verdienen, alle anderen liegen unterhalb dieser Höchstgrenze“ – diese Gehaltspyramide habe er als Kulturminister noch eingeführt. „Das betrifft übrigens auch die KHM-Direktorin, die davor noch weit höher lag. Auch bei Vertragsverlängerungen gilt jetzt diese Pyramide. Und unten muss es endlich Kollektivverträge geben, um für faire Gehaltsrelationen zu sorgen. Wer Geld von der Republik bezieht, muss sich an die bestehenden Gesetze halten."
Als dritten wesentlichen Themenkomplex nennt Drozda die Museumsreform: Die Vorschläge des vorliegenden Weißbuchs, das Drozda in seiner Amtszeit in Auftrag gegeben hatte, seien „endlich ernst zu nehmen. Es kann nicht sein, dass sich Institutionen, die denselben Eigentümer haben und ähnliche Ausstellungsprogramme machen, derart auseinanderentwickeln. Da pflegt oft jedes Haus seinen Schrebergarten, etwa bei Kartenvertrieb oder Controlling. Das ist wider die wirtschaftliche Vernunft, es braucht daher im Backoffice Synergien.“ In elementaren programmatischen Fragen sei es nötig, sich abzusprechen und abzustimmen. Und internationale Expertise annehmen zu können. Man müsse, wenn man eine Museumsreform wolle, auch über die Positionierung mancher Häuser nachzudenken, etwa über die Zukunft des Völkerkundemuseums. Und das vieldiskutierte Haus der Geschichte dürfe kein „Häuschen der Geschichte“ bleiben. Zudem halte es Drozda „nicht für sinnvoll, das Heeresgeschichtliche Museum (HGM) im Verantwortungsbereich des Verteidigungsministeriums zu belassen. Welches Know-how hat man dort, um ein Museum zu führen?“ Und es gebe im HGM leider auch fragwürdige Devotionalien aus dem Zweiten Weltkrieg. Dort finde sich „der wohl seltsamste Museums-Bookshop der Republik".
Wie die Kunst zur ,Chefsache' werden kann, habe ich als Mitarbeiter mit Verwunderung und einigem Schrecken erlebt.
Eine gewisse Skepsis gegen die Verwaltung der Kultur in zu großer Nähe zur politischen Chefetage hat sich Drozda bewahrt, schon biografisch: Die Ära Blümel habe ihn durchaus an die Zeit von „Kunstkanzler“ Viktor Klima Ende der 1990er-Jahre erinnert. „Wie die Kunst zur ,Chefsache' werden kann, habe ich als Mitarbeiter mit Verwunderung und einigem Schrecken erlebt."