„Eismayer“ von David Wagner: Wehrpflicht
Die Aufgabe, die ankommenden jungen Rekruten auszubilden und zu disziplinieren, die ihren Grundwehrdienst beim österreichischen Bundesheer absolvieren, ist nicht ganz unproblematisch, aber Vizeleutnant Charles Eismayer mag sie. Wer sich in seiner Einheit für schlau genug hält, um sich bei all dem Drill auch ein bisschen Spaß zu gönnen, wird von dem härtesten Ausbilder der Armee zum Umdenken motiviert. Souverän legt der steirische Schauspieler Gerhard Liebmann seine Charakterstudie des Titelhelden an, der unversehens an einen Scheideweg in seinem Leben und seiner Karriere gerät, als er sich in einen der neuen Soldaten (Luka Dimić) verliebt, der sich nicht nur zu seiner Homosexualität bekennt, sondern sich auch Respekt unter seinen Kollegen zu verschaffen weiß. Eismayers Identität als militärischer Schleifer (auch darin ist er ein Auslaufmodell) und gutbürgerlicher Familienvater zerbricht, als er beschließt, seinem Herzen zu folgen.
„Eismayer“ ist ein geradliniger, ökonomisch inszenierter Film, dessen schnörkelloser visueller Stil (Kamera: Serafin Spitzer) in den Dienst einer Erzählung gestellt wird, die auf wahren Begebenheiten und realen Personen basiert. Mit trockenem Witz stattet David Wagner, Regisseur und Autor von „Eismayer“, sein bemerkenswertes Erstlingswerk aus, das auf Ambivalenz und Unberechenbarkeit setzt anstatt auf Genreklischees: Es ist eindeutig kein Wiener „Full Metal Jacket“. Sexualitätspolitisch, ethisch und ästhetisch erscheint Wagners Film sehr zeitgemäß. Denn auch (und gerade) im Inneren des Bundesheers gilt die Pflicht, sich gegen die Zumutungen von Machismo, Gewalt und Homophobie zur Wehr zu setzen. Egal auf welche Weise.