"Erik & Erika": Die Lebensgeschichte von Erika Schinegger

Regisseur Reinhold Bilgeri überzuckert in "Erik &Erika" die Lebensgeschichte von Ex-Skiweltmeisterin Erika Schinegger mit Nostalgie und Rührseligkeit.

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Der Berg ruft, und Klein-Erika will hoch hinaus. Sie sägt in Reinhold Bilgeris Biopic "Erik & Erika" alte Holzski auf die passende Länge, schraubt Bindungen auf die Bretter, präpariert den Schneehang. Die Kärntner Bauerntochter Erika Schinegger, 1948 mit unklaren Geschlechtsmerkmalen geboren, stürzt sich die Piste hinunter, in ein doppeltes Leben als Frau und Mann: Sie fährt 1966 im chilenischen Portillo zum Abfahrtsweltmeistertitel der Damen - und entscheidet sich 1968 gegen den Widerstand ihrer Familie und des nationalen Skiverbands für eine operative Korrektur ihrer nach innen gewachsenen Geschlechtsteile. Im Alter von 20 beginnt Erika ihr neues Leben als Erik. Die Nationalheldin, der sich der Filmemacher Kurt Mayer 2005 in "Erik(A)" bereits dokumentarisch widmete, wird zum Verräter an der Nation.

Der Rest der Welt gegen Erika

In "Erik &Erika" rieseln zu Beginn Schneeflocken pittoresk aus schwarzem Himmel. Der Musiker, Literat und Filmemacher Bilgeri, 67, dreht auch bald Schineggers Geschichte, die hier mit Erikas Verwandlung endet, ins leicht Rührstückhafte und allzu Nostalgische, untermalt von süßlichem Dauersound, fotografiert in diesigem Licht: Der Rest der Welt gegen Erika. Zu Hilfe kommen Bilgeri sein Hauptdarsteller und die merkbare Anstrengung des Regisseurs, im Rückblick auf die Geschehnisse nicht klüger sein zu wollen als notwendig.

Als Erika wandelt Markus Freistätter in fremder Haut souverän durch einen Film, in dem es Bilgeri den Akteuren mit seinem Erzählkonventionalismus nicht immer ganz leicht macht: Sonne und Schatten teilt Erikas Gesicht, der Blick in den Spiegel wird zur Mutprobe. Stimmig ist "Erik &Erika", wenn der Film jene Tabus abzirkelt, die Mitte der 1960er-Jahre noch nicht einmal Namen hatte. Kann eine Frau auch Mann sein? Was ist ein sexueller Übergriff? Wie weit dürfen Männer in ihren Vorurteilen gegen Frauen gehen? Darüber hat "Erik &Erika" einiges zu berichten.

Wolfgang Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.