Film „Hochwald“: Was ins Auge sticht
Ein Tanzsolo eröffnet diesen Film, jenseits der Zeit, als wär’s ein choreografiertes Stück Glam-Rock. So beginnt ein neuer österreichischer Autorinnenfilm: Die aus Südtirol stammende Schnittmeisterin Evi Romen, deren kompetente Arbeit etwa Wolfgang Murnbergers Brenner-Krimiserie den nötigen Drive verliehen hat, hat sich mit „Hochwald“ erstmals selbst als Regisseurin (und, nach ihrem Zutun zu David Schalkos TV-Serie „M“, zum zweiten Mal auch als Drehbuchautorin) versucht – mit Erfolg, wenn man die Liste ihrer Auszeichnungen als Gradmesser nimmt. „Hochwald“ wurde in dem knappen Jahr seit seiner Festivalpremiere im Herbst 2020 nicht nur mit dem Großen Preis der Diagonale, sondern auch dreimal beim Österreichischen Filmpreis sowie in Zürich und Bozen geehrt.
Als Außenseitererzählung ist „Hochwald“, soeben in hiesigen Kinos gestartet, angelegt: Ein drogenabhängiger junger Mann namens Mario (Thomas Prenn), dessen queere Erscheinung und Liebe zu ekstatischem Ausdruckstanz in seinem Südtiroler Bergdorf mit Argwohn betrachtet wird, erlebt Traumatisches: Islamistische Terroristen richten in einer römischen Schwulenbar ein Blutbad an. Mario bleibt unverletzt, muss aber seinen besten Freund sterben sehen – und in ein Leben zurückfinden, das er schon zuvor am liebsten sofort hinter sich gelassen hätte.
Die alte Form des Heimatfilms zu reanimieren, darauf hat es Evi Romen abgesehen. Man mag ihr Drehbuch als mutig empfinden, aber es erscheint in mindestens ebenso hohem Maß überkonstruiert: Der Islam, der hier sehr augenfällig nicht diffamiert werden soll, wird zu Marios neuem Lebenszentrum, zu einerArt Traumatherapie. Um Differenzierung ist Romen wohl bemüht: Viel, aber nicht nur Bigotterie herrscht im Alpindorf, doch die Klischees sind robust, und das Psychodrama in „Hochwald“ entfaltet sich allzu gemächlich, fast unterspannt.