Frieden den Sternen!
Für einen politischen Newsletter, der sich „Ballhausplatz“ nennt, ist es nur ein Katzensprung vom titelgebenden Schau- zum 290 Meter entfernten Wiener Heldenplatz, wo sich – im Weltmuseum – eine äußerst sehenswerte (und kulturpolitisch akute) Ausstellung zum Besuch anbietet: Sie heißt „Science Fiction(s)“ und trägt den leise alarmierenden Untertitel „Wenn es ein Morgen gäbe“.
Ihr Fokus ist sehr speziell und gerade nicht an alldem orientiert, was man unter Science-Fiction gemeinhin versteht, vor allem nicht an klassischen westlichen Weltraumabenteuern, die oft nicht anderes als koloniale Eroberungsgeschichten sind. Es geht nämlich um einen Indigenen Futurismus, um die alternativen Zukunftserzählungen jener, die von dem Privileg, überhaupt in Visionen des Kommenden schwelgen zu können, meist ausgeschlossen werden. Das Genre Science-Fiction wird hier als Instrument zur Kritik an einer krisenerschütterten Welt, an postkolonialen Strukturen gegengelesen und genutzt. Zu sehen ist die Ausstellung nur noch wenige Tage lang – heute bleibt das Weltmuseum geschlossen, aber von morgen, Donnerstag, an steht Ihnen die Schau bis inklusive Dienstag zur Verfügung.
Und man lernt hier tatsächlich einiges: „Decolonising the Future“ lautet eine zentrale Schlagzeile, der eine Reihe indigener, schwarzer und muslimischer Künstlerinnen und Künstler aus Nordamerika, Brasilien, Nigeria und der Türkei gerecht werden. Sie schreiben populäre Kinomythen wie „Star Wars“ lustvoll und spielerisch um, verschneiden ureigene Traditionen mit bekannten utopischen Bildwelten. Zukunft und Weltraum werden in den präsentierten Gemälden, Skulpturen, kunsthandwerklichen Objekten und Installationen als soziale Experimente verstanden, in denen auch die Stimmen der Ohnmächtigen gehört werden müssen. In diesem Sinne kann man die Ausstellung durchaus als aktivistisch, als Akt der Selbstermächtigung begreifen.
Gemeinsam mit dem Architekturbüro KAWA hat der auch im Kino („Rubikon“) als Production-Designer aktive Künstler Johannes Mücke das elegante Ausstellungsdesign erarbeitet. Es mag erstaunen, dass sich ein ethnografisches Museum nicht mit historischen Materialien, sondern mit Zukunftsideen auseinander setzt. Aber das Unterfangen ergibt Sinn. Im kuratorischen Team, das für „Science Fiction(s)“ verantwortlich zeichnet, hat auch Jonathan Fine, Direktor des Wiener Weltmuseums und designierter Chef des Kunsthistorischen Museums (er wird Sabine Haag Anfang 2025 ablösen), persönlich mitgewirkt.
Der Kampf gegen die drohende Apokalypse und die Sehnsucht nach Diversity und Anerkennung gehen hier eine dringliche politische Liaison ein. „Science Fictions(s)“ legt utopische und dystopische Entwürfe für eine gerechtere Zukunft vor, so fern diese auch (noch) zu liegen scheint.