Get Well Soon: „Aus Liebe ist schon viel Schlimmes passiert“
profil: Ihr neues Album nennen Sie schlicht „Love“. Darf man auf naive Liebeslieder hoffen? Konstantin Gropper: Die Songs sind intuitiv, emotional und persönlich. Mit Naivität bin ich leider nicht an das Thema herangegangen. Bei mir ist es eher die positive, konstruktive Kraft, die hier zum Vorschein kommt. Mein letztes Album war ja sehr düster. „Love“ ist nun der logische nächste Schritt.
profil: Sie beschreiben „Love“ als Ihre Popplatte. Woher kommen die positiven, euphorischen Klänge? Gropper: „Love“ ist wahrscheinlich mein zugänglichstes Album. Das liegt wohl am neuen Zugang. Ich habe mich diesmal zuerst rein auf die Songs konzentriert und mich erst im Anschluss um das Arrangement und die Produktion gekümmert. Die Songs sind eingängiger und mehr im Vordergrund. Meine Inspiration war diesmal eindeutig Popmusik.
profil: Kann man die Liebe erklären? Gropper: Das ist die übergeordnete Frage, die Leitlinie des Albums. Meine Antwort ist nein. Die Liebe kann man nicht erklären; sie ist ja auch unglaublich ambivalent. Aus Liebe ist schon viel Schlimmes passiert. Aber das ist ja auch das Spannende daran.
Jedem Song liegt eine Emotion, ein Thema oder ein Sound zugrunde, die eine Art Erinnerung ist.
profil: Das Coverbild zeigt ein Werk aus der Biedermeier-Epoche. Spiegelt die Wahl eine Sehnsucht nach Rückzug, nach mehr Privatheit wider? Gropper: Ich wollte ein romantisches Bild, das vegetativ ist und keinen menschlichen Konflikt zeigt. Das Cover sollte das Albumthema auf eine andere Ebene heben. Mit dem Geist der Biedermeier-Epoche verbinde ich es nicht.
profil: Ihnen wird nachgesagt, Filmmusik ohne Film zu machen. Als Regisseur wollten Sie noch nicht arbeiten? Gropper: Das ist immer noch ein Traum. Film war immer schon meine Hauptinspirationsquelle. Viel mehr noch als Literatur. Ich habe wohl noch zu großen Respekt vor dieser Arbeit.
profil: Sie haben unter anderem für Wim Wenders einen Soundtrack kreiert. Ändert sich da Ihr Arbeitszugang? Gropper: Natürlich. Eine Auftragsarbeit versucht als Teil eines größeren Projekts immer einen Geschmack zu treffen und ein bestimmtes Gefühl zu bedienen. Für meine eigenen Songs wäre das fatal. Bei Get Well Soon muss ich mich nur selbst überzeugen.
profil: Sie vergleichen das Komponieren gerne mit dem Kochen. Ändern sich bei der Musik nur die Zutaten? Gropper: Man kann die Herangehensweise grundsätzlich vergleichen. Ich beziehe mich eher auf ein Zitat des italienischen Sternekochs Massimo Bottura: 'Die wichtigste Zutat ist die Erinnerung.' Dieser Zugang spiegelt sich auch in meinen Alben wider. Jedem Song liegt eine Emotion, ein Thema oder ein Sound zugrunde, die eine Art Erinnerung ist. Der Ausgangspunkt meiner Arbeit ist immer ein Zitat, aus dem ich etwas Neues kreiere.
profil: Vor sechs Jahren haben Sie mir in einem Interview gesagt, dass die Nullerjahre musikalisch problematisch waren. Sie sprachen von Stagnation, vom Retrophänomen. Hat sich die Situation in den Zehnerjahren verbessert? Gropper: Habe ich das beklagt? Wenn Musik eins zu eins übernommen wird, finde ich das noch immer unspannend. Eine Sixties-Rock-Platte würde ich nie machen. Ich glaube aber auch, dass die Situation sich gebessert hat. Heute wird Musik viel offener und experimentierfreudiger gespielt. Leider ist das auf die Subkultur beschränkt. Mainstream-Popmusik ist immer noch relativ langweilig, und das schon seit den 1990er-Jahren.
Konstantin Gropper, 33
Der Sohn eines Musiklehrers begann als Sechsjähriger mit dem Cellospiel und ist klassisch ausgebildeter Instrumentalist (Klavier, Cello, Schlagzeug und Gitarre). Gropper studierte an der Mannheimer Popakademie, Er zog nach Berlin; heute lebt und arbeitet er wieder in Mannheim. "Love" ist sein viertes Album.