Literatur

Zsolnay feiert! Bestsellerautor Glattauer gratuliert seinem Verlag

Vor 100 Jahren gründete der Literaturliebhaber Paul Zsolnay einen Verlag, der heute zu Österreichs wichtigsten Buchmanufakturen zählt. Eine Würdigung von Daniel Glattauer.

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„Zsolnay“ – ein prächtiger Name. Aber dann kommt „Verlag“. Und dieses Wort hat Schwächen. Denn Verlage verlegen, und das bringt sie in jene Verlegenheit, in die zum Beispiel Brillenträger geraten, wenn sie ihre Lesebrille suchen. Wo haben sie sie bloß hingetan? Sie müssen sie verlegt haben.

Ähnliches hat sich offensichtlich mit Millionen von Büchern zugetragen. Sie wurden von Verlagen – verlegt. Man fragt sich unweigerlich: Wie konnte das geschehen? Und wo sind sie? So viel steht fest: Zu Büchern gebundene Werke wurden und werden allesamt auf den freien Markt geworfen. Dort verwischen sich ihre Spuren. Manche stapeln sich vorübergehend in Buchhandlungen, bis sie ausgetauscht werden. Nur die hartnäckigsten, sogenannte Longseller, kleben sich in den Regalen fest. Andere, längst vergessene, tauchen plötzlich wieder auf, oft, wenn ihrer Schöpfer Stunde geschlagen hat. Aber die Masse der Bücher verschwindet spätestens nach dem Weihnachtsgeschäft auf Selten-Wiedergesehen und Nie-mehr-Wiedergelesen. Sofort müssen neue produziert werden. Und was tut man mit ihnen? Man verlegt sie, und weg sind sie, und neue müssen her. Ja, die Buchbranche ist kürzest gelebte und eiligst verlegte Schnelllebigkeit par excellence.

Verlage könnten sich gut und gern eine neue Bezeichnung einfallen lassen, denn ihre Mitarbeiter haben abseits der Müßigkeit des Geschäftlichen noch ganz andere, höhere, enorm anspruchsvolle Aufgaben zu erfüllen. Sie leisten vorbildliche humanitäre Arbeit, bestechen durch aufopferndes soziales Engagement für eine der empfindlichsten Randgruppen unserer Gesellschaft: Autorinnen und Autoren. Das sind psychisch instabile, von Selbstzweifel geplagte, oftmals bereits rückfällig gewordene und dringend resozialisierungsbedürftige Menschen in Ausnahmesituationen. Sie haben es getan. Sie haben es wieder getan. Sie haben ein Buch geschrieben. Das ist nicht mehr ungeschehen zu machen. Jetzt muss man sich dieser labilen, ausgelaugten, meist von zu hohem Eigenanspruch gerüttelten Existenzen annehmen. Sie brauchen dringend jemanden, der an sie glaubt. Der JA sagt. JA, das hast du gut gemacht!