Grunzgemein: „Farm der Tiere" und „1984" neu übersetzt

George Orwells Prosa-Meisterstücke „Farm der Tiere“ und „1984“ erscheinen in neuer deutscher Übersetzung.

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Der Mensch ist dem Menschen nicht zwangsläufig ein Wolf, zuweilen ist er ihm schlicht ein Schwein. Niemand wusste über diesen betrüblichen Umstand besser Bescheid als der britische Romancier George Orwell (1903–1950), der in „Farm der Tiere“ (1945) seinen Bauernhof-Despoten Snowball, das schlauste Schwein im Stall, grölen lässt: „Nur ein toter Mensch ist ein guter Mensch.“

Orwells böses Märchen vom Aufstand der drangsalierten Tiere, die flugs zu grauslichen Unterdrückern ihrer einstigen Leidensgenossen werden, mit neuen Augen (und in neuer, vitalisierter, schlanker Übersetzung) lesen: Im Fall von „Farm der Tiere“ verzwergen die menschlichen Grundgefühle Empathie und Mitleid gewissermaßen zu Grunzgefühlen, das Miteinander wird von hässlichem Gegeneinander mürbe gemacht, der Mensch als Schwein neigt zu Selbstjustiz und Blutdurst: „Wir lachen über die Schweine der ,Animal Farm‘, die so offensichtlich verlogen und ungerecht sind“, schreibt der Autor Ilija Trojanow in einem klugen Vorwort der Neuedition: „Aber sind es nicht wir, die glauben, gleicher als alle anderen Lebewesen zu sein?“ 

Den Eber Old Major lässt Orwell zu Beginn der Fabel programmatisch quieken: „Der Mensch ist unser einziger wirklicher Feind. Wenn man den Menschen loswird, ist die Wurzel von Hunger und Mühsal für immer beseitigt.“ Die Orwell-Festspiele enden nicht bei „Farm der Tiere“. Mit „1984“ erscheint die Mutter aller Prosadystopien ebenfalls in frischer Übertragung ins Deutsche. Erstmals 1949 publiziert, rackert sich Orwells trauriger Held Winston Smith noch immer als Mitarbeiter des „Ministeriums der Wahrheit“ für den „Großen Bruder“ ab, weil sich manche Dinge eben niemals ändern. Dafür sorgen Populisten und Angstmacher, das Gift des totalitären Denkens und Big Data. Die Lüge, so schrieb Orwell vor mehr als 70 Jahren, sei der Wahrheit immer einen Schritt voraus.

Wolfgang   Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.