Heinz Strunk: Erniedrigte und Beleidigte
Man möchte nicht porträtiert werden von dem Hamburger Autor Heinz Strunk, 56, der sich spätestens mit seinem Schmiersuff-Roman "Der goldene Handschuh" 2016 in die erste Liga der deutschen Literatur geschrieben hat. Strunk entgeht nichts, keine ungünstige Falte, kein Fettpölsterchen, kein schiefes Lächeln, kein Mundgeruch. Gnadenlos ist sein Blick auf die Welt, die Tristesse ist seine Wahlheimat. In seinen jüngsten Kurzgeschichten, die unter dem Titel "Das Teemännchen" erschienen sind, erweist sich Strunk einmal mehr als Könner der kleinen Form -ein paar Striche, und eine unscheinbare Tragödie nimmt ihren Lauf. Strunk ist fasziniert von Menschen, die nicht auf die Sonnenseite gefallen sind: Durch seine Storys treiben spielsüchtige Übergewichtige, die gierig XXL-Currywürste verschlingen, eine ehemalige Schönheitskönigin, die im "Schaschlikmief" eines Imbisses verwelkt, ein notgeiler Geschäftsreisender, der sich an einer Bar zum Deppen macht: Gestrandete, die nicht gemerkt haben, dass die Zeit sie überrollt hat.
"Zu wenig Adrenalin, zu wenig Testosteron"
Die titelgebende Figur, das Teemännchen ("zu wenig Adrenalin, zu wenig Testosteron"), lebt zu lange bei den Eltern, macht einen Teeladen auf, der zum Scheitern verurteilt ist in einer Gegend der "harten Kaffee-und Schnapstrinker". Strunk, der mit Jacques Palminger und Rocko Schamoni unter dem Signet Studio Braun als Entertainer bekannt wurde, beweist mit seinen Erzählungen, dass Humor todtraurig sein kann. Seine Figuren werden erniedrigt, beleidigt und ausgelacht, sie sind arme Schweine, die nicht vom Fleck kommen, beharrlich nichts dazulernen. Einige dieser Geschichten haben einen surrealen Drall, sind dem bösen Witz eines Roald Dahl verwandt. Als literarischer Anwalt der Loser ist Strunk längst eine Klasse für sich, sein schmales Bändchen ist erneut ein Meisterwerk. Verteidigen lassen möchte man sich von diesem Peinlichkeitsexperten trotzdem lieber nicht.
Heinz Strunk: Das Teemännchen. Rowohlt. 208 S., EUR 20,60