APPLAUS FÜR DIE HAUTFARBE: Peinlich berührt - Daniel Kaluuya in
"Get Out“
Unheimlich liberal

Horrorkomödie "Get Out“: Unheimlich liberal

Das Landidyll trügt: Regisseur Jordan Peele analysiert in der Horrorkomödie "Get Out“ die Mechanismen des Rassismus.

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Ob ihre Eltern denn wüssten, dass er schwarz sei, fragt Chris (Daniel Kaluuya) sicherheitshalber noch vor dem geplanten Familienwochenende am Land seine neue Freundin (Allison Williams). Natürlich nicht, antwortet diese sanft, wozu auch? Müsse man das denn vorab betonen? Ihre Eltern seien keine Rassisten, dafür lege sie die Hand ins Feuer. Tatsächlich nimmt die feine weiße Gesellschaft, in die Chris gerät, ihn auf befremdliche Weise auf: überfreundlich und distanziert zugleich. Man liebe Schwarze, gibt man ihm zu verstehen, Obama hätte selbstredend eine dritte Legislaturperiode verdient - und die schwarzen Hausdiener seien alle echte Freunde geworden. So beginnt "Get Out“, das wilde Regiedebüt des Komikers Jordan Peele, 38, das seit seinem Kinostart vor zehn Wochen allein in den USA bereits fast 180 Millionen Dollar eingespielt hat - das Vierzigfache seines Produktionsbudgets. Peele, der diesen Film auch geschrieben und koproduziert hat, bringt den bissigen Witz seines Sujets in ein überraschendes, zuweilen ein wenig holpriges Verhältnis zur infernalischen Gewalt, auf die diese Erzählung zuläuft; ihre stufenlos gesteigerte Unheimlichkeit verdankt sich den fantastisch besetzten Nebendarstellern ebenso wie Peeles tiefenscharfem Porträt einer neo-rassistischen Nation.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.