Kunst

„Ich war immer die, die nicht dazugehörte“: Anne Imhof im Kunsthaus Bregenz

Die deutsche Künstlerin Anne Imhof wurde jäh weltberühmt. Nun eröffnet sie in Bregenz eine neue, multimediale Solo-Show – und rekapituliert darin auch ihre Erfahrungen als Außenseiterin.

Drucken

Schriftgröße

In Berlin-Kreuzberg und Los Angeles betreibt Anne Imhof ihre Ateliers. Die Künstlerin, geboren in Hessen 1978, stieg 2017, als sie mit ihrer Performance „Faust“ den deutschen Pavillon im Rahmen der Biennale in Venedig bespielte, zu jähem Weltruhm auf. Heute verbringt sie ihre Zeit zu annähernd gleichen Teilen in der deutschen Hauptstadt und in L.A., mit je unterschiedlichen Schwerpunkten: In Kalifornien arbeite sie etwa viel mehr als in Berlin an Performances, an Bewegung und Musik, erklärt Imhof im profil-Gespräch. Dieser Tage hat sie ihren Lebensmittelpunkt allerdings kurzfristig nach Westösterreich verschoben: Im Kunsthaus Bregenz (KUB) installiert Imhof auf vier Etagen neue Videos, Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Bühnensets, unter dem Titel „Wish You Were Gay“ (8.6.–22.9.2024).

Die Künstlerin erscheine „intimidatingly cool“, hieß es im Kunstmagazin „Artnet“ vor einigen Jahren, aber darin steckt einiges an Übertreibung, denn auch wenn man ihre Zurückhaltung als kühl missverstehen mag: Einschüchternd wirkt Anne Imhof kaum. Charismatisch, auch ein wenig rätselhaft, aber Angst macht sie eigentlich nicht.

Und doch ist da eine Menge Wut: „Forever Rage“ nannte sie im Herbst 2015 eine erste große Ausstellung im Berliner Hamburger Bahnhof. Desillusioniert dreinblickende androgyne junge Menschen streifen, als wären sie von den Laufstegen irgendwelcher Luxuslabelpräsentationen abgekommen und in Imhofs leer geräumten und irrlichternden Kunsträumen gelandet, durch viele ihrer Performances, durch die dreiteilige „Angst“-Produktion etwa, die 2016 in Basel, Berlin und Montréal Aufsehen erregte, aber auch durch „Faust“ und „Sex“; letztere Produktion fand in der Londoner Tate Modern 2019 statt.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.