Jarvis Cocker und Gérard Depardieu: Die alten Könige in ihrem Exil
Es wird Klischees regnen, darunter diese: der genialische Künstler auf Selbstzerstörungstrip; das Hotelzimmer, dessen Wände Geschichte atmen; Hollywood vor 70 Jahren, Paris in den Siebzigern; Männer mittleren Alters, die mal was Neues wagen. Zum Beispiel: Klaviermusik nebst Gesang.
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, mit Derartigem umzugehen. Eine besteht darin, einen Schirm aufzuspannen und so zu tun, als wäre nichts. So etwa verfährt Gérard Depardieu, französischer Kino- und Theatergott mit einem Hang zur Selbstbeschädigung, in seiner musikalischen Hommage an Monique Andrée Serf alias Barbara, die mit "Göttingen“ 1967 einen internationalen Hit hatte und 1986 mit Depardieu gemeinsam in dem Singspiel "Lily Passion“ auf der Bühne stand. 20 Jahre nach Barbaras Tod singt der Akteur nun zu Klavierbegleitung deren Chansons und eröffnet dabei keinen sonderlich melodischen, dafür aber höchst dramatischen Spielraum: Musik als Schauspiel. Es darf Tränen regnen.
Eine weitere Möglichkeit in der Bewältigung beträchtlicher Klischeemengen wäre natürlich, mit Anlauf in den Gatsch zu springen. Auftritt: Jarvis Cocker, vormals Sänger und Texter der begnadeten Britpop-Band Pulp. Gemeinsam mit dem Rapper und Klaviervirtuosen Chilly Gonzales spielt Cocker auf "Room 29“ einen Liedzyklus über das Hollywood-Hotel Château Marmont ein. Das berühmte Gästehaus am Sunset Boulevard dient dabei als Folie für trockenen Witz und schlüpfrige Gedanken - die Musik selbst der Geisterbeschwörung. Das ist in vielerlei Hinsicht fantastisch.
Jarvis Cocker, Chilly Gonzales: Room 29 (Deutsche Grammophon/Universal)
Gérard Depardieu: Depardieu chante Barbara (Warner Music)