Jugend ohne Gott
Sie haben alles, was man sich nur wünschen kann: Sie studieren an einer amerikanischen Eliteuniversität, finanzielle Nöte kennen sie nicht. Was wie ein klassischer College-Liebesroman beginnt – zwei Außenseiter finden sich –, entwickelt sich schon bald zur abgründigen Psychostudie über Kids, die in die Fänge eines Sektenführers geraten, der auch vor Anschlägen nicht zurückschreckt. Im Drogenrausch demonstrieren seine Jünger vor einer Abtreibungsklinik, die schließlich in Flammen aufgehen wird.
Traurig und orientierungslos durch die Welt
Die in Seoul geborene und in Los Angeles aufgewachsene Autorin R. O. Kwon beschreibt in ihrem Debütroman „Die Brandstifter“ das langsame Abdriften in den religiösen Wahn erstaunlich unaufgeregt – und trifft gerade dadurch einen Nerv. Ihre Protagonisten sind koreanische Migrantenkinder, auf denen ein immenser Leistungsdruck lastet. Sie irren traurig und orientierungslos durch die Welt, ihre vielfältigen Traumata machen sie anfällig für Seelenfänger jeder Art.
Fanatismus in allen Milieus
Phoebe, als Kind eine brillante Klavierspielerin, kann nicht vergessen, dass sie einen Autounfall verursacht hat, bei dem ihre Mutter starb. Ihr Freund Will wiederum verschweigt lange, dass er aus armen Verhältnissen stammt und eine psychisch kranke Mutter hat. Bevor er seinen Glauben verlor, ging er auf die Straße, um im Namen Gottes neue Schäfchen anzuwerben. In den USA wurde das Buch im Vorjahr als Sensation gefeiert, wohl auch deshalb, weil es eindringlich vorführt, dass Fanatismus alle Gesellschaftsschichten treffen kann. Gerade das verunsicherte akademische Milieu ist ein ideales Biotop dafür.
R. O. Kwon: Die Brandstifter. Aus dem Englischen v. Anke Caroline Burger. Liebeskind. 240 S., EUR 20,60