Kino

Kalter Hauch im Nacken: „Nosferatu“ spukt wieder durch die Kinos

Kreaturen der Nacht: Robert Eggers legt eine durchdringende Neuinterpretation des Horror-Meilensteins „Nosferatu“ vor.

Drucken

Schriftgröße

Robert Eggers machte früh einschlägige Erfahrungen mit filmischem Horror: Bereits als Neunjähriger bekam er Friedrich Wilhelm Murnaus „Nosferatu“ (1922) zu sehen. Der Schrecken hatte prägende Wirkung. Nun, mit Anfang 40, hat der Regisseur ("The Witch", „The Northman“) seine kenntnisreich und kunstvoll montierte Deutung des kanonischen Vampirstoffs veröffentlicht – und sie legt nahe, dass dessen archetypisches Unbehagen auch gute 100 Jahre später nichts von seiner schaurigen Strahlkraft verloren hat.

Eggers hält sich weitgehend an den Charme der expressionistischen Ästhetik und morbiden Atmosphäre des Originals, erweitert das Material jedoch zu einem psychosexuellen Schauermärchen, das deutlicher noch als ursprünglich von der Idee des Bösen als Naturgewalt durchdrungen zu sein scheint.

Als Gegenpol zum adäquat monströsen Grafen (Bill Skarsgård) brilliert Lily-Rose Depp mit einer heftigen, gesichtsakrobatischen Tour de force zwischen Hingabe und Hysterie; der kalte Hauch jener rattenhaften, besessenen Kreatur der pechschwarzen Nacht sitzt ihr selbst in den fiebrigsten Träumen im Nacken.

Die verschattete Peripherie des Begehrens erweist sich hier als ein Ort, an dem die Vernunft nicht nur verloren geht, sondern von einer finsteren neuen Logik abgelöst wird – einer Logik, die Verlangen und Verfall unauflösbar miteinander verbindet.