Jonathan Meese, Lilith Stangenberg, Martin Wuttke in KAMPF-L.O.L.I.T.A. (EVOLUTION IST CHEF) von Jonathan Meese

Karaoke mit Hitler: Jonathan Meese im Wiener Volkstheater

Wir kochen eine Führersuppe: Jonathan Meeses Deutschland-Exorzismus im Wiener Volkstheater.

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Das Gesamtkunstwerk Jonathan Meese, 51, ist um ein Genre reicher: das Singspiel.

Für seine „Universums-Uraufführung“ des Chaos-Abends „KAMPF-L.O.L.I.T.A. (EVOLUTION IST CHEF) oder L.O.L.I.T.A. D.Z.I.O. (ZARDOZ FLIEGT WIEDER!)“ im Wiener Volkstheater entwickelte Meese musikalische Einlagen, die man deutsches Karaoke nennen könnte. Aus Sabrina Salernos 1980er-Jahre-Italohit „Boys, Boys, Boys“ wird da kurzerhand „Beuys, Beuys, Beuys“ oder auch „deutsch, deutsch, deutsch“.

Udo Jürgens’ Migranten-Schlager „Griechischer Wein“ wird mit Texten über Richard Wagner überschrieben. Und ganz am Ende, nach drei Stunden, dröhnt Rammsteins „Hier kommt die Sonne“, abgewandelt in „Hier kommt der Führer“ oder „Hier kommt die Mutter“. Wobei Meeses Mutter dann tatsächlich milde lächelnd auf der Bühne sitzt und wahrscheinlich wie Hausherr Kay Voges heilfroh ist, dass der Rammstein-Song, anders als angekündigt, nicht 23 Mal gesungen wird.

Auf Bildschirmen laufen der trashige 1980er-Jahre-Film „Der Fan“, in dem Désirée Nosbusch ihr Pop-Idol tötet und mit einem elektrischen Brotmesser zerkleinert – und natürlich Meeses liebstes Sci-Fi-Movie „Zardoz“ (1974). „Wir kochen eine Führersuppe“, heißt es an einer Stelle. Der Abend ist ein bizarrer Exorzismus, eine seltsame Sekte arbeitet sich rabiat am deutschen Wesen ab. Das Horst-Wessel-Lied wird ausgiebig gesungen, es muss im Gegensatz zu den meisten anderen Songs nicht abgeändert werden, weil es deutsch genug ist. 

Abgesehen von den aberwitzigen musikalischen Einlagen dümpelt dieses Happening jedoch langatmig und szenisch einfallslos vor sich hin. Ein Highlight ist Martin Wuttke, der als zugekiffter Roadie erzählt, was für ein „geiler Typ“ Hitler gewesen sei. Aufgabe erfüllt: Man hat den Teufel so lange beim Namen genannt, bis er in die Hölle geflohen ist.

Karin   Cerny

Karin Cerny