Killer in Serie: „Dahmer“ auf Netflix
Versucht man, sich den anhaltenden Hype um True-Crime-Geschichten in Filmen, Serien und Podcasts zu erklären, stellen sich zumindest zwei Fragen: Ist allein eine wahre Geschichte eine gute Story – und ist die Wirklichkeit nicht bereits schlimm genug, um sich in ihr zu verlieren? Der aktuelle Streaming-Hit „Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer“ (die zehn Folgen sind auf Netflix zu sehen) versucht sich an einer Antwort: Nichts ist schlimmer als die Wirklichkeit.
Mit Entertainment und schnödem Eskapismus hat die Biografie, die hier erzählt wird, nichts zu tun: Jeffrey Dahmer beging insgesamt 17 Morde, meist an schwarzen schwulen Männern; Dahmer avancierte bald zum Serienmörder-Popstar, der nach seiner Verhaftung mit der Polizei kooperierte und seine Beweggründe preisgab. Es gab Dokus und Bücher über ihn – und jetzt eben den erfolgreichen Streaming-Mehrteiler. Das Perfide an dem neuerlichen Hype: Die Serie treibt ein vorgeblich geschicktes Spiel mit den Zuseherinnen und Zusehern.
„Dahmer“ gibt vor, die Geschichte des Serial Killers (auch) aus der Sicht der Opfer zu erzählen – bedient aber einen durchschaubaren Voyeurismus, bei dem sich alles um Dahmer (großartig: Evan Peters) dreht. Dass sich Angehörige der Todesopfer öffentlich meldeten, welche die Serie retraumatisierend fanden, verwundert nicht. Die Inszenierung findet gerade auf TikTok ihren schauderhaften Abschluss: Junge Menschen reagieren da in kurzen Videos auf Originalfotos, die von den Opfern im Netz kursieren. Es bleibt dabei: Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.
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