Aufgedreht

Killer in Serie: „Dahmer“ auf Netflix

Wie der Netflix-True-Crime-Hit „Dahmer“ die Opfer des Massenmörders verhöhnt und damit die Massen begeistert.

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Versucht man, sich den anhaltenden Hype um True-Crime-Geschichten in Filmen, Serien und Podcasts zu erklären, stellen sich zumindest zwei Fragen: Ist allein eine wahre Geschichte eine gute Story – und ist die Wirklichkeit nicht bereits schlimm genug, um sich in ihr zu verlieren? Der aktuelle Streaming-Hit „Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer“ (die zehn Folgen sind auf Netflix zu sehen) versucht sich an einer Antwort: Nichts ist schlimmer als die Wirklichkeit.

Serienmörder-Popstar

Evan Peters als Dahmer, der 1991 verhaftet wurde.

Mit Entertainment und schnödem Eskapismus hat die Biografie, die hier erzählt wird, nichts zu tun: Jeffrey Dahmer beging insgesamt 17 Morde, meist an schwarzen schwulen Männern; Dahmer avancierte bald zum Serienmörder-Popstar, der nach seiner Verhaftung mit der Polizei kooperierte und seine Beweggründe preisgab. Es gab Dokus und Bücher über ihn – und jetzt eben den erfolgreichen Streaming-Mehrteiler. Das Perfide an dem neuerlichen Hype: Die Serie treibt ein vorgeblich geschicktes Spiel mit den Zuseherinnen und Zusehern.

„Dahmer“ gibt vor, die Geschichte des Serial Killers (auch) aus der Sicht der Opfer zu erzählen – bedient aber einen durchschaubaren Voyeurismus, bei dem sich alles um Dahmer (großartig: Evan Peters) dreht. Dass sich Angehörige der Todesopfer öffentlich meldeten, welche die Serie retraumatisierend fanden, verwundert nicht. Die Inszenierung findet gerade auf TikTok ihren schauderhaften Abschluss: Junge Menschen reagieren da in kurzen Videos auf Originalfotos, die von den Opfern im Netz kursieren. Es bleibt dabei: Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. 

Jetzt auf Spotify: Die Songs der Woche von Lena Leibetseder und Philip Dulle in der Aufgedreht-Playlist. Jeden Freitag neu.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Von 2009 bis 2024 Redakteur bei profil.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

war bis Oktober 2024 stv. Online-Ressortleitung und Teil des faktiv-Teams.