"Klezmer ist europäisches Kulturerbe"
profil: Wie haben Sie den Zugang zu Klezmer-Musik gefunden? Benjy Fox-Rosen: Meine Familie ist jüdischen Glaubens. Deswegen kannte ich die Hits der Klezmer Musik bereits von Hochzeiten und Bar Mitzwas. Mein Interesse für diese Musik wurde dennoch erst geweckt, als ich begann mit meinem Bruder und einem Freund aus Kindertagen gemeinsam zu musizieren. Ich interessierte mich damals trotzdem mehr für Jazz und zog nach New York um Kontrabass zu studieren.
profil: Trotzdem spielen Sie heute Klezmer. Woher kam der Wandel von Jazz zu Klezmer? Fox-Rosen: Während meiner Zeit in New York spielte ich nur wenig Jazz, entdeckte stattdessen die ost-europäische Volksmusik, besonders aus Rumänien und Moldawien, für mich. Ich setzte mich mit jiddischer Poesie und dem traditionellen jiddischen Liedgut Osteuropas auseinander. Ich begann damals auch Jiddisch zu lernen. So hat alles angefangen.
profil: Welche Bedeutung hat Klezmer in der heutigen Musikszene? Fox-Rosen: Klezmer ist Teil des europäischen Kulturerbes und somit auch Teil des multi-kulturellen Europas. Diese Musik hat große Bedeutung. Die Gefahr dabei ist jedoch, dass Klezmer auf der Bühne sehr oberflächlich werden kann.
profil: Inwiefern? Fox-Rosen:Als ich das erste Mal in Europa ein Konzert gab, hatte ich das Gefühl auf der Bühne den Juden zu spielen. Es war als wäre ich Schauspieler. Man muss immer sichergehen, dass man nicht dazu beiträgt den Fetisch von Außenstehenden zu normalisieren. Das hängt sehr stark von Performance, Publikum und politischem Kontext ab.
profil: Wie würden Sie die Klezmer-Musikszene in Wien beschreiben? Fox-Rosen: Wachsend. Es gibt in Wien einige professionelle Musiker, die Klezmer spielen. Aber es ist noch kein Massenphänomen. Wir werden sehen wie sich die Szene weiterentwickelt.
profil: Was verbindet Sie mit Wien? Fox-Rosen: Die Eltern meines Großvaters immigrierten in der Zwischenkriegszeit aus Galizien (heutiges Südpolen, Anm.) nach Wien. Mein Großvater wurde hier geboren und wuchs im zweiten und im 20. Bezirk auf. Etwa sechs Monate nach dem Anschluss verließ mein Großvater Österreich. Von Belgien aus emigrierte er nach Los Angeles in den Vereinigten Staaten und verbrachte den Rest seines Lebens dort.
profil: Ist Ihr Großvater je wieder nach Wien gekommen? Fox-Rosen: Mein Großvater war Bildhauer und Maler. Im Jahr 2009 organisierten wir eine Ausstellung seiner Werke im Aktionsradius im Wiener Augarten. Damals machten wir auch gemeinsam mit einem Historiker einen Spaziergang durch seine alte Nachbarschaft. Es war großartig.
profil: Sie sind kürzlich nach Wien umgezogen. Was hat Sie dazu bewegt? Fox-Rosen: Wien ist eine schöne Stadt. Wir haben in der Vergangenheit bereits anderthalb Jahre hier gelebt und hatten gute Kontakte. Wir bleiben jetzt erst einmal einige Zeit in Wien.
profil: Davor lebten Sie in Rumänien. Was hat Sie in dieses Land gezogen? Fox-Rosen: Meine Frau hat ein Forschungsstipendium für Rumänien bekommen. Wir haben die letzten anderthalb Jahre dort verbracht. Ich habe mich hauptsächlich um unseren gemeinsamen Sohn gekümmert. Nebenbei habe ich für ein neues Projekt recherchiert und ein paar Konzerte gegeben.
profil: Was ist Ihr nächstes Projekt? Fox-Rosen: Während meiner Zeit in Rumänien habe ich über Wiegenlieder aus Transylvanien recherchiert. Im Moment suche ich jiddische Wiegenlieder aus derselben Region. Bei meinem nächsten Projekt werde ich also einen geographischen Schwerpunkt setzen und mich auf Lieder aus Transylvanien konzentrieren.
Zur Person
Benjy Fox-Rosen ist ein amerikanischer Sänger, Bassist und Komponist. Er ist einer der führenden Klezmer-Musiker. Fox-Rosen wuchs in Los Angeles in den USA auf und lebt derzeit mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn in Wien.