Krimi von Reinhard Tramontana: Krokodil zum Frühstück
Ein Detektiv legt sich am Wiener Graben auf die Lauer. Fred Hansen soll den Seitensprung einer Ehefrau beweisen. Die Wahrheit kommt auf weit ausholenden Umwegen ans Licht. Die verführerisch-vamphafte Carola, eine Freundin der Fremdgeherin, bringt Hansen 170 Seiten lang ins Schwitzen.
"Immer Ärger mit Carola“ ist ein postumer Kriminalroman des Wiener Journalisten Reinhard Tramontana (1948-2005), der ab 1975 mit seiner wöchentlichen "profan“-Kolumne profil entscheidend mitprägte. Ermöglicht wurde die späte Publikation durch Dorothea Tramontana, 67, die fünfte und letzte Ehefrau des ehemaligen stellvertretenden Chefredakteurs dieser Zeitung, und Thomas C. Cubasch, 68, seit über 30 Jahren Leiter des Wiener Kleinverlags Der Apfel.
Ein Oldtimer unter Hybridautos
In der aktuellen Flut der Regional-, Gourmet- und Hard-boiled-Krimis wirkt "Immer Ärger mit Carola“ wie ein aus der Zeit gefallenes Dokument, wie ein Oldtimer unter Hybridautos. Hansen ist die menschenfreundliche Antwort auf Philip Marlowe, Raymond Chandlers muffigen Parade-Detektiv. In dem von Überraschungsmomenten durchsetzten Roman mit Gerhard-Haderer-Originalkarikatur auf dem Cover wird viel getrunken und noch viel mehr geraucht. Ansatzlos verheddert sich Hansen in ein kniffliges Mord- und Drogengeschehen, das den ganzen Mann fordert - und das in aller Morgenfrühe: "Beim zwölften Trommelfellmassagelaut war ich unterwegs, gelaunt wie ein Krokodil zum Frühstück.“
Tramontana feiert das urbane Dasein in einem historisierten Wien, in dem man im Kaffeehaus Einspänner trinkt und in Innenstadtspelunken auf die künstlerisch angehauchte Jeunesse dorée trifft. Man kauf bei Fred Adlmüller auf der Kärntner Straße ein; Hansens Stundensatz beträgt 90 Schilling. Wie die Notiz aus einer Flaschenpost klingt der Satz: "Es gibt heute scharenweise jüngere Männer, deren Haare länger sind als ihr Verstand.“ Sein großes Wissen um die Blessuren und Niederlagen des Lebens kleidet Tramontana in einen Roman, der sich nicht zu verstecken braucht.
"Reinhard war kein Blender“
In seinen Kolumnen war Tramontana ein vortrefflicher Dialogschreiber und Entwickler kleiner, absurder Szenen. Das Treffen der Journalisten-Witwe mit dem Verleger in einem Wiener Innenstadtcafé entwickelt immer wieder Tramontana-Momente. Neben Cubasch, einem Hünen von Mann, verschwindet Tramontana fast. Er sei, brummt Cubasch, ein "Buchmacher mit großem Leib und großer Seele“. Einmal nennt er sein Gegenüber "Dorli“, dann wieder "Frau Doktor“. Man kennt sich seit Ewigkeiten, man pflegt eine eigene Form der Zusammenarbeit. Über die Datierung des Manuskripts herrscht Unklarheit. Die 206 Seiten Dünnpapier, nahezu rechtschreibfehlerfrei getippt, sind mutmaßlich Ende der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre entstanden. "Reinhard, der für sein Leben gern Journalist war, wusste um die Mehrarbeit, die ein Roman verursachen kann. Deshalb hat er das Buch nie veröffentlicht“, sagt die Witwe. "Reinhard war kein Blender“, bemerkt der Verleger: "Er wollte sich wahrscheinlich nicht wichtigmachen mit dem Buch. Das dürfte auch der Grund dafür sein, weshalb er das zweite Manuskript aus dem Nachlass, einen Abenteuerroman, nie veröffentlicht hat.“ Tramontana ergänzt: "Der Detektiv aus dem Roman ist Reinhard. So ein Leben hätte ihm gefallen.“ Über das im Buch abgebildete Foto des Autors gerät sich das Herausgeber-Duo dann fast in die Haare.
Ein letztes Rätsel. Auf dem Cover von "Immer Ärger mit Carola“ steht ein Autorenname mit Mittelinitial: Reinhard C. Tramontana. "Mein Mann hasste seinen deutschen Vornamen, der mit seinem italienischen Nachnamen nicht harmonierte.“ Claus, Tramontanas selten gebrauchter Zweitname, schafft es deshalb auf das Titelblatt. Cubasch betrachtet die Sache professionell: "Das C. steht für Criminal Affairs.“
Reinhard C. Tramontana: Immer Ärger mit Carola. Verlag Der Apfel, 174 S., EUR 24,90