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Letzter Aufruf! Viennale-Filme, die man nicht verpassen sollte

Halbzeit bei der Viennale, Wiens populärem Filmfestival. Stefan Grissemann hat letzte Empfehlungen parat – es gibt noch Tickets!

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Noch immer liegt fast eine ganze Woche Viennale vor uns. Und noch immer, wie aktuelle Blitzumfragen im erweiterten Bekanntenkreis signalisieren, meinen viele, dass es für Kurzentschlossene ohnehin keine Karten mehr gebe. Au contraire! Im Folgenden ein paar Anregungen für den Festivalbesuch in den kommenden Tagen – für jede der empfohlenen Vorstellungen sind aktuell noch Tickets verfügbar (Angaben wie immer ohne Gewähr). Am besten online buchen. First come, first served!

Die wirklich Spontanen könnten sich etwa jetzt gleich auf den Weg zur Urania machen, wo hintereinander zwei feine Charakterkomödien präsentiert werden, eine spanische und eine koreanische: Jonás Truebas „Volveréis / The Other Way Round“ (23.10., 13:30 Uhr) ist ein Trennungslustspiel im Stil des frühen Woody Allen während Regiestar Hong Sang-soo in „A Traveller’s Needs" (23.10., 16 Uhr) die Französin Isabelle Huppert durch Seoul und eine leise Farce der kulturellen Missverständnisse schickt.

Morgen, Donnerstag, kann man im Gartenbaukino sogar noch einen Platz in Jacques Audiards energetischem und höchst unterhaltsamem Gangster-Trans-Musical „Emilia Pérez“ ergattern (24.10., 15:30 Uhr). Ein denkbares Gegenprogramm wäre die Stierkampf-Doku  „Tardes de Soledad / Afternoons of Solitude“ (Urania, 24.10., 15 Uhr) des Spaniers Albert Serra: Er konzentriert sich – ohne Kommentare, mit unheilvoller Musik und zudringlicher Kamera – auf den homoerotischen Ritualismus dieses dem Machismo zugeneigten, lebensgefährlichen Spektakels. Tierschützern kann man diesen Film aus naheliegenden Gründen allerdings nicht empfehlen.

Wer’s lieber heiter mag, wird am Freitag mit Guy Maddins, Evan und Galen Johnsons schwarzer Polit-Comedy „Rumours“ (Gartenbaukino, 25.10., 12:15 Uhr) besser bedient sein. Cate Blanchett irrt im Rahmen eines entgleisenden G7-Gipfels nachts in einem Schlosspark herum, es wird, soviel sei verraten, gespenstisch. 

Das Wochenende könnte man mit einer exzentrischen Gesellschaftskomödie aus Österreich, mit Bernhard Wengers „Pfau“ (Gartenbau, 26.10., 12 Uhr) beginnen: Sie handelt von einem jungen Mann (Albrecht Schuch), der beruflich seine Identität so oft gewechselt hat, dass er sich selbst nicht mehr kennt. Am Sonntag serviert man frühabends einen überraschend gedrechselten ländlichen Krimi mit stark sarkastischen Untertönen: Alain Guiraudies „Miséricorde“ (Gartenbau, 27.10, 18:30 Uhr; Wiederholungsvorstellung am 28.10., Urania, 21:15 Uhr).

Für den vorletzten Spieltag der Viennale 2024 Anfang nächster Woche seien David Cronenbergs morbides Philosophicum „The Shrouds“ (28.10., 13 Uhr) und Miguel Gomes’ kolonialhistorischer Reisefilm „Grand Tour“ (28.10., 18 Uhr) ans Herz gelegt, beide wieder im Gartenbaukino. Ebendort läuft am allerletzten Tag des Festivals noch ein starkes Drama des kambodschanischen Cineasten Rithy Panh – ein hybrides Gebilde zwischen Spiel- und Dokumentarfilm: „Rendezvous avec Pol Pot“ (29.10., 13 Uhr) geht auf eine wahre Geschichte zurück, auf den Besuch einer französischen Pressedelegation 1973 bei dem kommunistischen Diktator und Rote-Khmer-Führer Pol Pot. Enjoy!

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.