Brunner lernte Pressearbeit, als noch mit Karteikarten, Kugelkopfschreibmaschinen, Xerokopien und Lieferdurchschlägen hantiert wurde. 1979 der erste Job bei Residenz in der Presse- und Lizenzabteilung, 1989 der Wechsel zum Österreichischen Bundesverlag, Leitung des Ressorts Marketing; 1994 schließlich Gründung der eigenen Agentur, zuerst in der Wohnung als Büro, später in den Räumen der Kirchenstraße 9. Die Verlagswelt hat sich wie der Rest der Welt seit Brunners Anfängen wie wild weitergedreht, Bits und Bytes haben alles auf den Kopf gestellt. „Ich bevorzuge immer noch das Face-to-Face-Gespräch“, sagt Brunner, ganz alte Schule. Presented by Brunner, das war irgendwann die Beletage, in der Autorinnen und Autoren ankommen konnten. B wie Brunner und Beletage.
Einen Hang zur Großtuerei hat sie, die ihr Lebensalter nobel verschweigt, nie verspürt. Gravitätischer Verlautbarungston war ihr zuwider. Brunner siedelte ihre Botschaften zwischen Charme und Selbstironie an, mit einer Tangente zu Klatsch und rauem Witz. „Ich, die PR-Doyenne?“, prustet sie los. „Doyenne, das klingt nach Falten am Hals.“ Ein gutes Händchen hatte sie für die vermeintlich Schwierigen. Der Dichter H. C. Artmann trieb ihr die Schweißperlen auf die Stirn, weil er zu seiner eigenen Lesung a) viel zu spät kam und b) kein Buch zum Vorlesen bei sich hatte. Thomas Bernhard übte sich Brunner gegenüber in Dichterfürstenart – sie wiederum schickte ihm Postkarten, auf denen er „Ja“ oder „Nein“ ankreuzen konnte (meist kringelte Bernhard „Nein“ ein); einen dem Wodka zugetanen Autor, dessen Namen sie verheimlicht, musste Brunner in der ehemaligen Sowjetunion aus dem Polizeigefängnis freikaufen. „Die sogenannten Rabauken waren in Wahrheit sensible, kluge, zugewandte Menschen.“ Für ihren Berufsstand benötige es eben eine so dicke wie dünne Haut. Dabei hat ihr auch die Weltkarte in der Kirchenstraße geholfen. Bei PR-Problemen, die überlebensgroß daherkamen, steckte sie gerne eine Nadel in das kleine Österreich. „Geh bitte! Die Welt ist groß! Klitzeklein das Problem!“
Wenn man mit Brunner spricht, fallen viele Namen. Sehr viele Namen. Die Speicherkapazität ihres Handys für Telefonkontakte liegt im hohen Gigabyte-Bereich, 1400 Einträge umfasst die Namenskartei auf dem Computer. 5000 Buchtitel aus den Bereichen Kulinarik, Kabarett, Krimi, Literatur, Wirtschaft, Wissenschaft und Religion haben Brunner und ihr Team in 40 Jahren betreut. Auszug aus der Autorinnen- und Autorenliste: Max Bläulich, Alois Brandstetter, Alex Capus, Ruth Cerha, Barbara Frischmuth, Daniel Glattauer, Elfriede Hammerl, Peter Handke, André Heller, Peter Henisch, Paulus Hochgatterer, Franz Innerhofer, Michael Köhlmeier, Alfred Kolleritsch, Florjan Lipuš, Ernst Molden, Peter Rosei, Tonio Schachinger, Eva Schmidt, Julian Schutting, Vladimir Vertlib. Vor Brunner waren auch alle Bücher von Politikerinnen, Politikern und Politikwissenschaftern gleich: Erhard Busek, Josef Cap, Peter Filzmaier, Franz Fischler, Michael Häupl, Karin Kneissl, Michael Ludwig, Beate Meinl-Reisinger, Reinhold Mitterlehner, Alois Mock, Peter Pilz, Erwin Pröll, Wolfgang Schüssel.
Folgt nun das Vakuum? „Ich verbiete mir selbst, an das kommende halbe Jahr zu denken“, sagt sie. „Vielleicht fiele mir dann ja ein: Du spinnst ja! Warum hast du aufgehört!“ Bücher waren Barbara Brunners Leben. Nie, sagt sie, werde sie aber selbst eines schreiben. „Nie im Leben!“