Staatssekretärin Ulrike Lunacek

profil-Morgenpost: Trostpreis

Guten Morgen!

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Haben Sie gestern Abend ein gutes Buch gelesen oder einen Film geschaut? Oder heute Morgen das Radio aufgedreht und Musik gehört? Schön, nicht? Es gibt sie also noch, die Kunst und die Kultur. Die Frage ist, wie lange noch?

Am 13. März, wenige Tage vor dem großen Shutdown, habe ich an dieser Stelle geschrieben: "Gibt es schon eine Bezeichnung für die drohende Wirtschaftskrise der vielen selbstständigen Musikerinnen, Kabarettisten oder Konzertveranstalter?". Zwei Monate später gibt es noch immer keine Antwort auf diese Frage - und noch immer keine Perspektive für die Kulturschaffenden dieses Landes. "Österreichs kulturelle Landschaft liegt nach zwei Monaten des Shutdowns von Opernhäusern, Theatern, Filmproduktionen und Kinos weitgehend zertrümmert vor uns", schreibt mein Kollege Stefan Grissemann in unserer aktuellen Ausgabe.

Wer zahlt die Krise eigentlich?

Die Kritik an Staatssekretärin Ulrike Lunacek wurde in dieser Zeit immer lauter. Zu Recht. Denn entweder ist die Grünen-Politikerin mit ihrer Aufgabe überfordert, oder Lunacek konnte sich in der Regierung einfach nicht durchsetzen. Denn neben der Perspektive hakt es an der vergleichsweise bescheidenen finanziellen Unterstützung und bürokratischen Hürden, die wenig Verständnis für die Arbeits- und Lebensrealität von Kunst- und Kulturschaffenden zeigen. Morgen, Freitag, will Lunacek ein Paket vorstellen, wie Veranstaltungen im Sommer stattfinden können. Es bleibt zu hoffen, dass es ein substantieller Schritt in die richtige Richtung ist. Denn auf die Kulturstaatssekretärin wartet bereits im Herbst die nächste große Aufgabe. Spätestens dann wird es nämlich um die Frage gehen: Wer zahlt die Krise eigentlich? Und wenn Lunacek hier genauso zaghaft Auftritt wie in die Krise, werden wohl einige Vorhänge für immer fallen. Mehr dazu in unserer kommenden Ausgabe, in der es ein Interview mit Ulrike Lunacek gibt.

Auseinandersetzung und Aufarbeitung

"Die Frage ist, ob die öffentlichen Budgets für Film- und Musikproduktionen, freie Theater und Kunstinitiativen nach der Krise gekürzt werden, um das Coronaloch zu stopfen", hat diese Woche ein befreundeter Regisseur im Gespräch mit mir seine Bedenken geäußert. Diese Gefahr besteht tatsächlich - und wäre fatal. Denn gerade nach einer für unsere Generation einzigartigen Krise braucht es eine kollektive Auseinandersetzung von und Aufarbeitung des Erlebten samt Folgen. Und niemand ist dafür besser geeignet, als die Musikerinnen, Schauspieler, Autorinnen und Filmemacher dieses Landes. Bis dahin können wir uns zumindest mit dem Buch am Nachtkastl oder einem Lied aus dem Radio trösten. Ich empfehle Ihnen übrigens dieses hier.

Ich wünsche Ihnen einen tröstlichen Donnerstag, Stephan Wabl

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