profil-Morgenpost: Locker bleiben!
Kein Gegenmittel gefunden, keine Amtsenthebung möglich. Während das Coronavirus weiter wütet, und das absehbare Non-Impeachment des großen Blonden im Weißen Haus (Stoff für eine späte, bittere Pierre-Richard-Komödie?) weltweit mit Resignation quittiert wird, setzt man sich in Hollywood leichter erreichbare Ziele und Rahmenvereinbarungen: Der gestern vor dem Dolby Theater am Hollywood Boulevard faltenfrei ausgerollte rote Teppich, der in den frühen Morgenstunden des kommenden Montag (mitteleuropäische Zeit) anlässlich der 92. Oscar-Show von Hollywoods Prominenz betreten und bestöckelt werden wird, weist erstens die stolze Länge von 300 Metern und zweitens kein klassisches Rot, sondern einen speziellen Cayenne-Ton auf, der – kein Scherz – Haut und Kleiderschimmer der vorbeiparadierenden Menschen besser zur Geltung bringen soll. Das Kino: ein Triumph der Oberfläche.
Im Inneren des Dolby-Theaters wird man sich dann mit Sicherheit an den großen Kirk Douglas erinnern, der vorgestern im biblischen Alter von 103 das Zeitliche gesegnet hat. Der Mann wurde, man muss sich das vorstellen, während des Ersten Weltkriegs geboren, im Dezember 1916, als der russische Mönch Rasputin noch lebte, Albert Einstein gerade erst die Grundlagen seiner Relativitätstheorie vorgestellt hatte und James Joyce noch an der Niederschrift seines „Ulysses“ saß. Der Dadaismus blühte übrigens auch in den frühen Tagen des Säuglings Issur Danielowitsch Demsky, wie der schneidige Kirk bekanntlich in Wahrheit hieß.
Ausläufer der Dada-Bewegung finden sich ja auch in der heimischen Innenpolitik. Er fremdle mit den Begriffen „Amt“ und „Vizekanzler“, sagt Grünen-Chef Werner Kogler etwa im großen profil-Interview (mit „Vizekanzler“, okay – aber warum mit dem Wort „Amt“?), auch mit Frack, Fliege und Krawatte sei er nicht auf Du und Du – und mit den sozialen Medien sowieso nicht: Wenn in der chronisch entzündeten Twitter-Blase den Kniefall der Grünen vor dem übermächtigen Koalitionspartner diagnostiziert wird, so kommentiert Kogler dies achselzuckend; man müsse da „locker bleiben“.
Tun wir es dem entspannten Amtsinhaber gleich, konzentrieren wir uns auf die kleinen Freuden: Das Wochenende naht.
Alles Gute für heute!
Stefan Grissemann
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